Blick auf den winterlichen zweiten Bezierk Wiens. Ende des 19. Jahrhunderts hat man sich die Zukunft Österreichs anders vorgestellt.
Roman

„Österreich im Jahre 2020“ - eine Utopie aus dem späten 19. Jahrhundert

Geld ist in Österreich unbekannt, Geburtsvorrechte in der Bildung sind abgeschafft, es gibt keine Armee, dafür eine klassenlose Gesellschaft. Jetzt wiederentdeckt: Josef von Neupauers Roman „Österreich im Jahre 2020“ aus den 1880er-Jahren.

In den späten 1880er-Jahren erschien in den Vereinigten Staaten eine Reihe von Erzählungen und fiktiven Reiseberichten, die sich gesellschaftlichen Utopien zuwandte. Den Anfang machte 1888 Edward Bellamys Roman „Looking Backward: 2000–1887“. Ein angehender Historiker namens Julian West fällt in einen tiefen Schlaf, aus dem er erst im Jahr 2000 erwacht. Sofort beeilt er sich, seinen „vergangenen Zeitgenossen“ aus einer friedfertigen sozialistischen Zukunft zu berichten. Der Roman verursachte einen literarischen Aufruhr, Verteidigungs- und Verdammungsschriften wechselten einander ab. So antwortete der Schriftsteller Richard C. Michaelis 1890 mit einem Gegenroman. Aus der lichtvollen Zukunft von Gleichheit und Brüderlichkeit wird bei ihm eine Dystopie, eine sozialistische Horrorvorstellung.

Drei Jahre später erscheint im Dresdner Verlag Edgar Pierson, der vier Jahre zuvor mit Bertha von Suttners Werk „Die Waffen nieder!“ einen Klassiker der pazifistischen Literatur herausgebracht hatte, ein Reiseroman mit dem Titel: „Österreich im Jahre 2020“. In dem Buch werden die Helden der beiden erwähnten Romane, Forest und West, von einem in Tulln lebenden österreichischen Homme des Lettres namens Zwirner eingeladen, Österreich zu besuchen. Er brenne darauf, den beiden das moderne Österreich zu zeigen, das eine neuartige soziale Ordnung aufbaue. So kommt es, dass die beiden Forschungsreisenden am 13. Juli 2020 bei Salzburg die österreichische Grenze überschreiten. Ihre Verblüffung könnte größer nicht sein.

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