Die Reichsinsignien sind heute in der Weltlichen Schatzkammer der Wiener Hofburg.
Schatzkammer

Die Odyssee der Reichskrone

Vor 75 Jahren galt die Rückkehr der Reichsinsignien mit der alten Kaiserkrone nach Wien als Symbol für die wiedererlangte politische Eigenständigkeit Österreichs.

Mit einer Eintrittskarte im Wert von 50 Groschen konnte man am 6. Jänner 1946 an einer festlichen Veranstaltung im Großen Saal des Wiener Musikvereins teilnehmen, an der Gründung der Österreich-Amerikanischen Gesellschaft. Umrahmt von Kompositionen von Mozart und Brahms wurde vom US-Oberkommandierenden General Mark Clark eine Überraschung verkündet, die wie geschaffen war, „jeden Österreicher mit einem Gefühl dankbarer Freude zu erfüllen“ („Wiener Zeitung“, 8. 1. 1946). Die kostbarsten Zeugen einer großen Vergangenheit, die Reichskleinodien der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, waren in Nürnberg aufgefunden worden und sollten bereits am 10. Jänner im Rahmen einer Feier der österreichischen Regierung übergeben werden. Das symbolreichste Schmuckstück, die alte Kaiserkrone, die fast 400 Jahre lang auf den Häuptern österreichischer Herrscher ruhte, sollte nun nach siebenjährigem Exil in die Schatzkammer der Hofburg zurückkehren, wo sie unter Kaiser Franz II./I. rund 150 Jahre zuvor erstmals aufbewahrt worden war.

Freilich: Die Schatzkammer war 1946 noch gar nicht wiedereröffnet, so schlummerte der unermesslich wertvolle Schatz acht Jahre lang in den Tresoren der Nationalbank. Den Transport von Nürnberg nach Wien übernahm ein US-Militärflugzeug – es landete auf dem Flughafen Langenlebarn bei Tulln –, im letzten Streckenabschnitt bewachten ihn schwer bewaffnete Soldaten. War die Übergabe unmittelbar nach Auffindung der Kleinodien in Nürnberg ein Ausdruck der Anerkennung dafür, dass die Österreicher bei der ersten Nationalratswahl nach dem Krieg so eindeutig prowestlich abgestimmt hatten, wie Herbert Haupt vom Kunsthistorischen Museum vermutete? Hatten sich die Amerikaner deswegen taub gezeigt gegenüber den schnell produzierten Rechtsgutachten der Nürnberger?

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