Die Philharmoniker zogen sich unter Riccardo Mutis Leitung würdig aus der Affäre und musizierten ein buntes Programm vor leerem Saal herzhaft. Applaus kam von Mobiltelefonen aus aller Welt. Mehr geht halt derzeit nicht.
Maestro Muti appellierte in seiner „Neujahrsansprache“ an die Regierungsverantwortlichen in aller Welt: Sie mögen die Kultur nicht vergessen. Freilich sei in diesen Zeiten die Gesundheit das Wichtigste. Doch es müsse stets neben der leiblichen auch um die geistige Gesundheit gehen. Dafür könne nur ein kultiviertes Leben sorgen. Der „Donauwalzer“ klang danach, vielfach dynamisch schattiert und ohne geschmacklose Verzögerungen, Drücker und Schleifer, wie die musikalische Bestätigung dieser These.
So kann das Wiener Neujahrskonzert seinen Zweck erfüllen – immerhin waren an die neunzig Länder an die TV-Übertragung angeschlossen; und Tausende hatten sich angemeldet, um via Mobiltelefon Applaus zu spenden, den die Technik den Musikern in den jenseits des Podiums leeren Musikverein zuspielte. Gespenstisch, andererseits auch sympathisch. Ein echter Wiener Walzer geht nicht unter. Und vielleicht hat ja auch der eine oder andere Premierminister zugehört und die Botschaft verstanden.
Radetzky kann allein stehen
Da wäre auch anzumerken, dass die einzigartige Situation einem der beiden Fixstarter im musikalischen Programm zu neuem Glanz verhalf: Endlich konnte das Orchester den „Radetzkymarsch“ spielen, ohne dass dabei mitgepascht wurde. Womit zu hören war, dass ein Dirigent wie Riccardo Muti sogar in einer so viel gespielten Komposition als Gestalter dafür zu sorgen versucht, dass die Sache nicht abgedroschen, ja, überhaupt nicht gedroschen klingt: Wo piano steht, wird auch piano gespielt, nicht mezzoforte.