Dingo

Rätsel um Australiens "dunkle Hunde"

Die Dingos Australiens sind heute noch rätselhaft. Auch allen Nachstellungen haben sie getrotzt, und an der letzten – Gift – sind sie gar gewachsen.

Wo sie hergekommen sind, liegt im Dunkeln, wie sie hingekommen sind, tut es auch, und wer sie überhaupt sind, darüber wird unter Taxonomen erbittert gestritten: Sollen die wilden Hunde Australiens nun Canis familiaris heißen und sich einreihen in alle Hunde, die durch die Domestizierung der Wölfe kamen? Oder soll ihnen mit Canis dingo eine Sonderstellung eingeräumt werden? Dafür reiche „die Evidenz nicht hin“, beschied in der letzten Runde Stephen Jackson (Sydney) die Gegenseite. „Wir wiederholen: Der korrekte Name ist Canis familiaris“ (Zootaxa 4564, S. 198).

Dieser Ton im Streit um einen Namen ist für Laien schwer nachvollziehbar, und die Aborigines würden wohl die Köpfe schütteln. Aber auch ihre Bilder von diesem Hund sind von Region zu Region ganz verschieden: In manchen gilt der Dingo als Schöpfer des Menschen, in anderen ist er aus ihm entstanden, in dritten ist er eine blutige Bestie, in vierten hütet er vor Unheil. Gemeinsam ist den Mythen der Traumzeit nur, dass er immer schon da war.

Das war er nicht. Als die Menschen kamen, gab es in Australien nur Säuger mit Beuteln, keine Plazentatiere wie den Wolf und den Hund (und den Menschen). Und mitgebracht haben die Besiedler den Dingo auch nicht, der Wolf war noch nicht domestiziert. Denn diese Menschen kamen früh: Ausgewandert aus Afrika sind unsere Ahnen vor 70.000 Jahren, vor 55.000 waren sie in Australien – nach Europa brauchten sie 10.000 Jahre länger –, bald darauf hatten sie alle großen Tiere ausgerottet, eine Idylle war die Traumzeit nicht.

»Wo sie herkamen und von wem sie mitgebracht wurden, liegt im Dunkeln.«

Der größte verbliebene Räuber war der Tasmanische Tiger oder auch Beutelwolf (Thylacinus cynocephalus), etwa so groß wie ein Schäferhund, vor 4000 Jahren verschwand auch er von der Hauptinsel (und hielt sich auf Tasmanien, wo der letzte 1936 in einem Zoo starb). Hing das damit zusammen, dass um diese Zeit die Dingos auftauchten, die ältesten bekannten Fossilien haben 3348 Jahre auf den Knochen? Auch das ist umstritten, die Beutelwölfe waren größer und hatten einen kräftigeren Biss. Aber die Dingos waren nun einmal da, aus eigener Kraft konnten sie es nicht geschafft haben, woher auch immer sie stammten.

Eine Hypothese setzte auf Indien, dort gab und gibt es Dingo-Verwandte. Und just vor 4000 Jahren tauchten nicht nur Dingos in Australien auf, sondern auch neue Elemente der Kultur – in Sprache und Werkzeugen –, die nach Indien deuteten. Waren von dort Seefahrer gekommen, hatten sie Dingos mitgebracht und sich selbst mit den Aborigines vermischt? Zu deren Erleichterung fand John Mitchell (Melbourne) in ihren Genen keine Spuren aus Indien (Current Biology 6, S. 809), das machte auch die Herkunft der Dingos von dort weniger wahrscheinlich. Anderes spricht stärker dagegen: Fast alle Hunde haben sich im Zuge ihrer Domestizierung viele Kopien eines Gens zugelegt, dessen Protein – das Enzym Amy2B – bei der Verdauung von Stärke hilft: Sie haben ihre Ernährung der ihrer Halter angepasst, die Landwirtschaft trieben, Getreide kultivierten, Eric Axelsson (Uppsala) hat es bemerkt (Heredity 117, S. 301)

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