Lockdown

Freitesten im Jänner: Termin wackelt

Sich in die Freiheit testen: Die Opposition durchkreuzt das türkis-grüne Vorhaben.
Sich in die Freiheit testen: Die Opposition durchkreuzt das türkis-grüne Vorhaben. Fotokerschi.at / Kerschbaummayr
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Die Opposition hat unter anderem verfassungsrechtliche Bedenken und will die Pläne der Regierung im Bundesrat blockieren. Damit dürfte der Termin am 18. Jänner nicht zu halten sein.

Wien. Für jene, die sich testen lassen, soll der Lockdown bereits am 18. Jänner zu Ende gehen und nicht erst eine Woche später. Doch dieser Zeitplan dürfte am Veto der Opposition scheitern. SPÖ, FPÖ und Neos erklärten am Sonntag, dass sie das Regierungsvorhaben im Bundesrat blockieren wollen. Ein rechtzeitiges Inkrafttreten vor dem 18. Jänner wäre damit unmöglich, der Beharrungsbeschluss von Türkis-Grün käme zu spät.

„Wenn die Neuinfektionen bis Ende nächster Woche nicht stabil unter 1000 sind, brauchen wir über Lockerungen erst gar nicht diskutieren“, sagte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner am Sonntag in einer Pressekonferenz. „Genau aus diesem Grund braucht es auch das Epidemiegesetz mit der vorgelegten Änderung in dieser Form nicht.“ Stattdessen benötige man eine neue und kluge Teststrategie für Österreich. Nur so könne man einen vierten Lockdown sicher vermeiden, bis eine schützende Durchimpfungsrate erreicht sei.

Die SPÖ kritisiert auch die Fokussierung auf die Woche 18. bis 24. Jänner. Die Regierung plant ja, dass Handel, Gastronomie und Hotels am 18. Jänner wieder aufsperren dürfen, der Zutritt aber bis 24. eben nur mit einem negativen Coronatest gestattet sein soll.
Für Rendi-Wagner ergeben die türkis-grünen Vorschläge keinen Sinn: Auch zwei Wochen alte Testergebnisse sollen herangezogen werden, außerdem wolle man über gezielte Zutrittstests etwa für Kultureinrichtungen oder Pflegeheime weit hinausgehen. „Daher wird die SPÖ diesem Abänderungsantrag in dieser Form nicht zustimmen.“ Das Gesetzesvorhaben stelle der Regierung einen „rechtlich bedenklichen Blankoscheck“ aus.

Parlamentsserver abgestürzt

Kritik übte Rendi-Wagner auch an der kurzen Begutachtungsfrist. Sie begann am 31. Dezember und dauerte bis Sonntagmittag. In der Nacht waren noch über 3000 Stellungnahmen eingegangen – was dazu führte, dass der Parlamentsserver zusammenbrach und zahlreiche Einwände nicht mehr veröffentlicht werden konnten. Die Stadt Wien beispielsweise publizierte ihre (unter anderem verfassungsrechtlichen) Bedenken stattdessen auf der Seite coronavirus.wien.gv.at

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl forderte eine Verlängerung der knappen Begutachtungsfrist bis 15. Jänner und kritisierte auch das Parlament: Dessen Krisenkommunikation sei der nächste Skandal. Kickl stößt sich daran, dass nur jene Stellungnahmen automatisiert veröffentlicht werden, die auf der Webseite eingegeben werden. Im Parlament entschuldigte man sich und sprach von einer enormen Zugriffszahl binnen kurzer Zeit.

Dazu hatte auch die FPÖ mit einer Mobilisierung über die sozialen Medien beigetragen. Den Entwurf selbst halten die Freiheitlichen „aus mehreren Gründen für klar verfassungswidrig“, wie Vizeklubchefin Susanne Fürst erklärte: Die kurze Begutachtungsfrist, vor allem aber der Umstand, dass damit der Zwang zum Mitführen eines negativen Tests ins Dauerrecht übergehe. „Die Maßnahmen verletzten gleich mehrere Grundrechte: das Recht auf die persönliche Bewegungsfreiheit, das Recht auf die Privatsphäre und das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit. Ebenso wird der Gleichheitsgrundsatz massiv verletzt. Das alles ohne auch nur den Versuch einer sachlichen Darstellung der Verhältnismäßigkeit – auch das ist klar verfassungswidrig“, argumentierte Fürst.

Die Neos begründeten ihr Veto anders: „Wir wollen diesem Minister keine Verordnungsermächtigung mehr geben.“ Gemeint war: Gesundheitsminister Rudolf Anschober, der – wie Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker meinte – „regelmäßig die Grenzen überschreitet, die ihm die Gesetze auferlegen“. Was nun beschlossen werden solle, komme einer Selbstaufgabe des Parlaments gleich.

„Aussprache“ mit Anschober

Keine großen Hoffnungen setzt Loacker in die Gesprächsrunde zwischen Rudolf Anschober und den Klubchefs, die Montagvormittag stattfinden soll (nachdem der Hauptausschuss des Nationalrats die aktuellen Ausgangsbeschränkungen um weitere zehn Tage verlängert hat). Loacker sprach von einem „Scheingespräch“. Werde das Gesetz nicht wesentlich verändert und der Verordnungsspielraum des Gesundheitsministers massiv beschränkt, könnten die Neos nicht zustimmen. Die SPÖ will sich der Diskussion stellen.

Wann genau die Gesetzesnovelle zum Epidemiegesetz und zum Covid-19-Maßnahmengesetz dem Nationalrat vorgelegt wird, war vorerst noch offen. Dem Vernehmen nach am Freitag. ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior ärgerte sich einstweilen über die „Fundamentalopposition“: Man müsse sich schon fragen, warum SPÖ, FPÖ und Neos den Menschen die Möglichkeit nehmen wollten, sich freizutesten. (red./APA)

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