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Was einem beim Geimpften tatsächlich aufgeht

Es war einmal die Pockenimpfung - Abbildung 1905, Le Petit Journal Paris
Es war einmal die Pockenimpfung - Abbildung 1905, Le Petit Journal Paris imago images
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Über den Ursprung einer Redewendung, die heute so wohl nicht mehr entstehen würde.

Dass Ihnen heute das Geimpfte aufgeht, ist wohl nur mehr sprichwörtlich möglich. Dann nämlich, wenn Ihnen, um es anders zu formulieren, der Kragen platzt, der Geduldsfaden reißt oder Sie auf 180 gehen. Vor allem im ostösterreichischen Sprachgebrauch wird hier nach wie vor gern das Geimpfte bemüht – was dahintersteckt, ist vielen aber nicht so klar. Was sich unter anderem auch daran ablesen lässt, dass manche die Phrase nicht ganz korrekt einsetzen, indem Ihnen das Geimpfte hochkommt. Dass einem etwas hochkommt, ist natürlich möglich – ein unbestimmtes Etwas, zusammengefasst im „es“, aber auch die kalte Kotze oder die Galle. Dahinter steckt der Gedanke, dass einem übel wird, stellvertretend dafür, dass einen etwas anwidert.

Dass einem das Geimpfte hochkommt, ist allerdings als Redensart etwas, sagen wir, wackelig. Wenn auch nicht ganz unmöglich. Denken wir heute an eine Impfung, haben wir meist eine Injektionsnadel vor uns, mit der ein Impfstoff in einen Muskel injiziert wird. Aber es gibt bzw. gab ja auch die Schluckimpfung – wir bekamen etwa früher die Polioimpfung auf einem Stück Zucker serviert. Wie auch immer, dass einem das wieder hochkam, ist als Redensart nicht überliefert.

Aber wie war das mit dem Aufgehen? Nun, dahinter steckt wohl die Pockenimpfung, die in Österreich bis 1977 verpflichtend war. Zahlreiche „Presse“-Leserinnen und Leser haben sich auf eine entsprechende Frage in der Vorwoche gemeldet (vielen Dank!) und geschildert, wie sie immunisiert wurden. Dabei wurde die Haut am Oberarm aufgeritzt bzw. der Impfstoff subkutan eingebracht. Innerhalb von einigen Tagen bildete sich eine Impfpustel, also eine Blase, die auch aufplatzen konnte. Etwa dann, wenn man die Muskeln anspannte – was man ja gern macht, wenn man sich aufregt. In diesem Fall ging einem also tatsächlich das Geimpfte auf.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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