Wer ist echt? Die Schauspielerin Bette Davis (links) mit ihrem Double.
Authentizität

Sei doch bitte endlich mal du selbst

In einem brillanten Essay rechnet Erik Schilling mit unserem Kult des Echten ab – und zeigt, dass wir einem gefährlichen Phantom nachjagen.

Kennst du diesen neuen Italiener ums Eck? Den solltest du gleich nach dem Lockdown ausprobieren, der ist richtig authentisch. Ich wähle das nächste Mal sicher diese Politikerin, sie ist eine der ganz wenigen, die uns nichts vorspielt. Dieser Autor ist toll, weil er alles, worüber er schreibt, selbst erlebt hat. Lieben wir nicht alle Biografien und Homestorys, wo man erfährt, wie berühmte Personen in Wahrheit sind? Und überhaupt, vergiss bitte nie das Wichtigste im Leben: Sei du selbst. Verwirkliche dich. Lebe dein wahres Ich aus, zeige dein innerstes Wesen, unverstellt und ungeschminkt. Echt und ehrlich. Echt jetzt.

Kein Zweifel: Authentisch zu sein, ist einer der wirkmächtigsten kollektiven Imperative unserer Zeit. Wer ihm folgt, kann angeblich Karriere machen, die gefährdete Beziehung retten, Romane schreiben und generell sein Leben meistern. Selbsthilfefibeln und Coaches berufen sich zur Überhöhung ihres Anspruchs gern auf Nietzsche, der sein „Ecce Homo“ mit dem Untertitel schmückte: „Wie man wird, was man ist.“ Das versprach eine Art Gebrauchsanweisung zum Motto von Pindar, einem Hit im Ranking der Kalendersprüche: „Werde, der du bist!“

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