Wirtschaft

Konjunktur: Bessere Laune mitten im Lockdown

Die weltgrößte Containerreederei Maersk berichtet von „historisch hohen Containerfrachten“ (Archivbild).
Die weltgrößte Containerreederei Maersk berichtet von „historisch hohen Containerfrachten“ (Archivbild).(c) REUTERS (Aly Song)
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Die Stimmung der meisten Industrieunternehmen in Europa ist relativ gut. Der globale Handel zieht an. Dienstleister müssen auf die Erholung aber noch warten.

Wien. In Europa gehen die Lockdowns in die Verlängerung – und dennoch ist die Stimmung in vielen Branchen auffallend gut. Vor allem die Industrieunternehmen sind von den Beschränkungen bisher kaum betroffen. Sie profitieren davon, dass wichtige Handelspartner, etwa in den USA und in Asien, die Wirtschaft nicht noch einmal herunterfahren mussten. Das Exportgeschäft blieb daher auch in den vergangenen Wochen sehr robust. Die weltgrößte Containerreederei Maersk berichtet gar von „historisch hohen Containerfrachten“, die noch für Wochen anhalten sollen. „Es gibt einfach nicht genug Container auf der Welt, um die aktuelle Nachfrage zu befriedigen“, sagte Maersk-Vorstandsmitglied Vincent Clerc.

Und so sehen auch in der Eurozone die meisten Manager den kommenden Monaten mit größerer Zuversicht entgegen. Die wirtschaftliche Talfahrt des Kontinents hat sich trotz der neuerlichen Lockdown-Maßnahmen Ende 2020 deutlich verlangsamt, bestätigt der aktuelle Einkaufsmanagerindex von IHS Markit. Der Index bildet die Stimmung der Unternehmen im Industrie- und im Dienstleistungssektor ab und stieg im Dezember um 3,8 Punkte auf 49,1 Zähler. Damit liegt der Wert nur noch knapp unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten.

Das letzte Tal vor dem Aufstieg

In Frankreich stieg das Barometer im Dezember so rasch wie zuletzt vor 3,5 Jahren. In Großbritannien liegt die Marke sogar schon wieder jenseits der 50 Punkte. IHS-Markit-Chefökonom Chris Williamson rechnet daher damit, dass die Wirtschaftsleistung der Eurozone im Schlussquartal 2020 deutlich langsamer geschrumpft ist als im ersten Lockdown-Quartal im Frühling 2020.

Allerdings wurden die Umfragen für den Einkaufsmanagerindex bereits Mitte Dezember durchgeführt. Seither hat sich die Lage in einigen europäischen Staaten neuerlich verschärft. Deutschland und Großbritannien haben angekündigt, ihre Lockdowns angesichts hoher Fallzahlen und der Virusmutation zu verlängern. In Österreich ist der vorzeitige Ausstieg aus dem Lockdown vom Tisch. Und auch in Frankreich wackelt die für 20. Jänner geplante Öffnung der Gastronomie gehörig.

Nach Berechnungen der Berenberg Bank verringert jeder weitere volle Lockdown-Monat die Wirtschaftsleistung Deutschlands um ein Prozent. Ab dem zweiten Quartal rechnen die meisten Ökonomen jedoch mit einem kräftigen Anstieg der Wirtschaftsleistung. „Trotz Lockdowns und des mutierten Virus bleiben die Aussichten auf einen starken globalen Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte gut“, sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Bank ING. Die gute Stimmung sei durchaus berechtigt, meint auch IHS-Markit-Chefökonom Chris Williamson: „Doch es wird noch einmal schlimmer werden, bevor es wirklich besser wird.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2021)

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