Briefe an Amalia

Das Jahr des Esels

Briefe an Amalia: über neue Jahre und den passenden Umgang mit der Macht.

Als Du im neuen Jahr erwachtest, sagtest Du: „I-ah“. Dann setztest Du Dich auf und sagtest etwas lauter: „I-ah“. Dann wiederholtest Du einige Male „I-ah, um Deine Eltern aufzuwecken oder sie, sollte Dir bewusst gewesen sein, dass sie bereits aufgeweckt waren, zu einer Reaktion zu bewegen. Du setztest mit „Backe, backe, Ku“ fort, woran sich nach einigen frenetischen Wiederholungen ein „He“ schloss, gefolgt von „Oma“, „Opa“ und „Auwa“, was Katze bedeutet. Es war sieben Uhr morgens: Du hattest das Jahr des Esels eingeläutet.

Es ist das zweite Jahr nach Deinem Geburtsjahr, seit beinahe siebzehn Monaten bist Du auf dieser Welt. Letztes Silvester, als wir Dich abends durch den siebten Bezirk schoben, hätte niemand für möglich gehalten, wie die Welt ein Jahr darauf aussehen würde. Dieses Silvester gingen wir am frühen Abend zu einem Freund, was vielleicht verboten war, Du spieltest mit den Spielsachen seiner Söhne, wir tranken sehr guten Wein aus dem Südburgenland und traten bald den Heimweg an. Du stapftest neben uns über die dunkle, stille Straße, kein Böller war zu hören, kein Feuerwerk zu sehen, Du verstecktest Dich in jedem Hauseingang und fandest es jedes Mal aufs Neue lustig.

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