Walk of Häme

Die Angst vor Nadel und Staberl

Angst vor Nadel und Staberl hat diese Person anscheinend nicht.
Angst vor Nadel und Staberl hat diese Person anscheinend nicht. Clemens Fabry
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Warum 2021 noch gar nicht hält, was sich viele davon versprochen haben.

Alle, die das Ende des Seuchenjahres 2020 herbeigesehnt haben, sehen sich gerade wenig vielversprechenden ersten Jänner-Wochen gegenüber. Die Infektionszahlen unverändert hoch, der Lockdown klopft schon an der Tür des Februar an, die Impfdosen tröpfeln eher spärlich nach Österreich herein, Massentests werden zu- und wieder abgesagt, dazu knallt der Mad King in Washington auf den letzten Metern seiner schon viel zu langen Amtszeit komplett und endgültig durch. Und die Weihnachtsgeschenke sind auch noch nicht umgetauscht.

Gut, wir wollen 2021 noch ein paar Wochen geben, um sich von 2020 zu emanzipieren und die Vorschusslorbeeren einzulösen. Bis dahin hüpfen wir offenbar nach bewährtem Muster weiter von Ferien zu Ferien über den reißenden Coronafluss. Jänner im Lockdown, damit die Semesterferien auch ja wie gewohnt konsumiert werden können, danach wieder Lockdown, damit die durch die Ferienaktivitäten gestiegenen Zahlen bis zu den Osterferien wieder sinken, danach Lockdown bis zu den großen Ferien, für die wir dann wieder im Herbst mit Ausgangsbeschränkungen büßen werden. Und irgendwann wirkt dann vielleicht die Impfung. So jedenfalls scheint sich das Muster des Umgangs mit der Pandemie bisher darzustellen. Ferien gut, alles gut.

Unter den vielen Impfgegnern und -skeptikern, die gern medizinische (!?) oder politische (?!) Gründe vorschieben, gibt es übrigens auch manche, die damit etwas viel Naheliegenderes zu verstecken glauben müssen. Sie fürchten sich vor der Nadel. Ist quer durch alle Altersgruppen ein gar nicht so seltenes Phänomen, das man weder unterschätzen noch lächerlich machen, sondern offen ansprechen sollte. Wer weiß, dass sich viele mitfürchten, kann es leichter zugeben.

Das ist ja schon bei den Coronatests zu beobachten: Der ziemlich unangenehme (von Kindern sogar als richtig schmerzhaft empfundene) Abstrich an der Nasen-Rachen-Schnittstelle, dort, wo vor dem Testwattestaberl noch nie etwas vordrang, wird aus anderen, vorgeschobenen Gründen gemieden. Da hört man viel von langen Wartezeiten, umständlichen Anmeldungen, Ansteckungsgefahr beim Abstrich, unpassenden Zeitpunkten und unsicheren Ergebnissen. Mir ist das viel zu unangenehm, hört man dagegen so gut wie nie. Nur Kinder trauen sich das zu sagen. Tapfer.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2021)

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