Culture Clash

Geschwärzte Sternsinger

Winden Themenbild Sternsinger Heilige Drei Koenige Dreikoenig 06 01 2017 Sternsinger in der Kir
Winden Themenbild Sternsinger Heilige Drei Koenige Dreikoenig 06 01 2017 Sternsinger in der Kir(c) imago images / Eibner (via www.imago-images.de)
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Weil über das Unsägliche an Donald Trump schon alles gesagt ist, for Something Completely Different: wie ein kontraproduktiver Rassismusbegriff um sich greift.

Das Black-Voices-Volksbegehren hat sich in einem offenen Brief an Bundespräsident Van der Bellen gegen den schwarz gefärbten König bei der Sternsingeraktion gewandt: Gesichtschwärzen sei eine „rassistische Praxis“. Schon in den Minstrel Shows der Vergangenheit, aber auch heute noch werde Blackfacing verwendet, „um Schwarze zu stereotypisieren, zu exotisieren sowie herabzuwürdigen“.

Es gibt kaum noch geschwärzte Sternsinger, die Diskussion ist ja alt. Aber sie geht – gerade wenn man ein Verfechter der gleichen Würde aller Menschen ist – in die falsche Richtung. Der schwarze König ist das Gegenteil von Herabwürdigen: Schon im 7. Jh. schreibt der hl. Beda, dass die drei Könige bzw. Magier auf die Erdteile Europa, Afrika und Asien verwiesen und somit „auf das ganze Menschengeschlecht, das bei den Söhnen Noahs seinen Anfang genommen hat“. Der geschwärzte König ist keine Exotisierung, sondern eine sehr alte Bekräftigung, dass wir alle Geschwister einer Menschheitsfamilie sind. Beim Sternsingen sollte und konnte man ganz unaufdringlich Schwarze und Weiße als von gleichem Rang und gleicher Würde erfahren.

Nach der heute gängigen Rassismustheorie ist das allerdings unerheblich, weil nach ihr eine Praxis allein schon aufgrund einer möglichen verletzenden Wirkung rassistisch ist, die Absicht ist irrelevant. Man illustriert das oft mit jemandem, der einem über den Fuß fährt: Der Schaden ist da, egal ob er das wollte. Das ist aber ein unsinniger Vergleich. Denn Rassismus ist ein moralischer Vorwurf, und da kommt es auf die Intention sehr wohl an.

Der Begriff Rassismus verliert seine Bedeutung, wenn man alles, was als verletzend empfunden wird, zum rassistischen Akt erklärt, auch wenn gar keine Idee einer Minderwertigkeit, ja nicht einmal eine fahrlässige Ungleichbehandlung im Spiel ist. Man kann natürlich trotzdem über ein Ende dieser Sternsinger-Tradition reden, wenn jemand unter ihr leidet – aber aus Rücksicht, nicht aus Antirassismus.

Keine Frage: Gegen Alltagsrassismus einzustehen ist auch in Österreich Menschenpflicht. Wir alle, gerade auch die Aktivisten, sollten aber aufpassen, uns nicht kritiklos einer aus den USA kommenden Ideologie zu verschreiben, die aus der Erfahrung der Sklaverei die Menschheit allein aufgrund ihrer Hautfarbe in Unterdrücker und Unterdrückte scheidet und alles Unbill unter Rassismusverdacht stellt. Das fördert Viktimisierung, verstärkt das Gefühl der Ohnmacht und schürt den Zorn – auf allen Seiten. Kann dies das probate Mittel gegen Menschenverachtung sein?

Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.

meinung@diepresse.com

www.diepresse.com/cultureclash

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2021)

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