Unterwegs

Fish Island

Die Wasserwege, die das Gebiet durchziehen, fanden nicht nur die Römer attraktiv. Sie waren auch der Schlüssel zur Industrialisierung des Gebiets im späten 19. Jahrhundert.
Die Wasserwege, die das Gebiet durchziehen, fanden nicht nur die Römer attraktiv. Sie waren auch der Schlüssel zur Industrialisierung des Gebiets im späten 19. Jahrhundert.Imago Images
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Fish Island im Osten Londons, von den Römern über Kriegsruinen zu neuer Blüte und Lockdown-Trotz.

Eingezwängt zwischen dem Gelände der Olympischen Spiele 2012 und der Autobahn A12 liegt im Osten Londons ein kleines Gebiet mit dem poetischen Namen Fish Island. Bis in die römische Zeit reichen die Zeugnisse menschlicher Ansiedlung zurück, woran nicht zuletzt die nahe Roman Road bis heute erinnert. Archäologen finden hier immer noch reiche Beute an Amphoren, Münzen und Knochen.

Die Wasserwege, die das Gebiet durchziehen, fanden nicht nur die Römer attraktiv. Sie waren auch der Schlüssel zur Industrialisierung des Gebiets im späten 19. Jahrhundert. Während die Kanäle mehr und mehr für den Gütertransport genützt wurden, gab man den neu entstehenden Straßen klingende Namen von Fischen wie Rotauge oder Brasse. Zur kulinarischen Köstlichkeit veredelt hier seit mehr als 100 Jahren die Familie Forman schottischen Lachs nach einer heute rechtlich geschützten Methode.

Schwer zerstört durch deutsche Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg, war das einzig Attraktive an Fish Island für Jahrzehnte der Name. Sonst verkam das Gebiet zu einer ausgelagerten Mülldeponie für das noblere London. Hier ließ sich nieder, wer schmutzige, stinkende, vielleicht manchmal auch ein wenig dunkle Geschäfte machte. Auf verfallenden Fabriksgeländen stapelte sich jede Art von Abfall. Aus den Ruinen ist aber ein kraftvolles neues Leben erwacht, das kein Lockdown niederzwingen kann. Junge, aufstrebende und kreative Menschen prägen heute Fish Island. Derzeit verkauft wieder jeder, der irgendetwas anzubieten hat, über die Gasse, ob es Kaffee, Bier oder Pizza ist. Am gefragtesten aber ist ein Gut ohne Preis: Hoffnung.

aussenpolitik@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2021)

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