Quergeschrieben

Was man aus dem Krisenjahr 2020 alles lernen könnte

Eine Krise, so bitter sie auch sein mag, ist immer auch eine wertvolle Lehrmeisterin. Das Vorjahr hat gezeigt, wie rasch eine Spaltung der Gesellschaft entstehen kann.

Eigentlich will man das Jahr 2020 am liebsten einfach abhaken. Vergessen, wie grässlich es war: Die Ängste, die Sorgen, die Verluste, die Ungewissheit, die Verwirrung. Am liebsten würde man es hinter sich lassen und den Blick hoffnungsfroh nach vorn lenken. Dennoch lohnt es sich, darüber nachzudenken, was mit uns passiert ist und welche Auswirkungen es auf jeden Einzelnen von uns und auf die Gesellschaft hat.

Das Krisenjahr hat gezeigt, wie rasch eine Spaltung der Gesellschaft, Feindbilder und Hass gegen Andersdenkende entstehen können. Je länger der Ausnahmezustand andauert und je mehr Kollateralschäden es gibt, desto schlimmer wird es. Eindrucksvoll zeigt sich das etwa an den jüngsten Demonstrationen gegen die Regierungsmaßnahmen: Auf der einen Seite radikalisieren sich die Gegner, Rechtsextremisten versuchen, die Demos zu kapern und rufen zu Gewaltaktionen gegen Staatsmacht und Polizei auf. Auf der anderen Seite werden die Vertreter der Regierungslinie immer radikaler, die Beschimpfungen und Abwertung von Kritikern immer wüster. Anlässlich einer – angemeldeten und friedlichen – Demo in St. Pölten wurde sogar zu Gewalttaten gegen die Demonstranten aufgerufen.

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2020 hat uns gezeigt, wie rasch kollektive Angst entstehen kann und was sie mit Menschen macht. Vernunft, Augenmaß und Verständnis füreinander verschwinden in Krisenzeiten zunehmend und aus Angst entsteht immer mehr Wut und Aggression. Diesen Mechanismus hat es in der Menschheitsgeschichte immer wieder gegeben, in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung.

Wir haben erfahren, was eine Krise bei jedem Einzelnen und in einer Gesellschaft bewirken kann. Rasch schwindet die Solidarität, die Sorge ums eigene Überleben und das der Sippe dominiert. Aber jeder reagiert anders, es gibt gleichzeitig auch eine Zunahme an Solidarität. Es gibt jene, die trotz ihrer Ängste und Sorgen nicht auf die Nächsten vergessen. Etwa jene, die sich trotz des gesundheitlichen Risikos bei Hilfsorganisationen meldeten, um zu helfen. Oder jene Hoteliers, die Obdachlosen Zimmer zur Verfügung stellen, weil in den Unterkünften zu wenig Platz ist. Manche Hotels boten und bieten auch kostenlos Zimmer an für Menschen, die im Home-Office zu wenig Platz haben. Oder man denke an die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Rettungsorganisationen, die unter besonders herausfordernden Umständen für andere da sind. Nun werden noch Blutspender gesucht.

Im günstigsten Fall lernt man aus Erfahrungen. So sollten wir wieder lernen, dass Rücksichtnahme keine überflüssige Etikette ist. Auch nach der Pandemie sollte man sich nicht halb krank zum Arbeitsplatz schleppen, um dort Kollegen anzustecken. Und Arbeitgeber sollten mehr Verständnis zeigen, wenn man krank ist – oder die Kinder. Auch der Gesetzgeber sollte sich dazu aufraffen, die Freistellung für die Pflege kranker Angehöriger aufzustocken, zum Wohle aller.

2020 hat uns auch wieder eindrucksvoll gelehrt, dass Grundrechte und persönliche Freiheit nicht selbstverständlich sind. Freiheit ist ein gefährdetes Gut, sie musste in der Vergangenheit stets hart erkämpft werden. Sie kann auch nicht gegen Sicherheit eingetauscht werden. Unfreiheit ist keine historische Erscheinung, es gibt viele Länder, in denen heute noch Unterdrückung herrscht, wie etwa in China.

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