Leitartikel

Noch kein Expertenkabinett, aber Signal für einen Strategiewechsel

PK 'VORSTELLUNG DES NEUEN MINISTERS FUeR ARBEIT, FAMILIE UND JUGEND': KOCHER
PK 'VORSTELLUNG DES NEUEN MINISTERS FUeR ARBEIT, FAMILIE UND JUGEND': KOCHERAPA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Eine Plagiatsaffäre bringt einen erfahrenen Finanzexperten in die Regierung. Ein guter Tag für die Wissenschaft und eine gute Maßnahme gegen die Krise.

Es gibt sie also noch, die guten innenpolitischen Nachrichten im Jahr zwei der größten Gesundheits- und Wirtschaftskrise in der Geschichte der Zweiten Republik: Martin Kocher wird Arbeitsminister der Regierung Kurz II. Das dürfte beziehungsweise sollte aus mehreren Gründen positiv für Land und Regierungsleute sein. Nach dem raschen und notwendigen Rücktritt Christine Aschbachers wegen ihrer plagiatsverdächtigen und schwachsinnsbelegten Formulierungen in ihrer Diplomarbeit und Dissertation sowie der begleitenden Hassreaktionen im Netz signalisiert der Name Kocher: Die Wissenschaft bekommt mehr Raum und Einfluss in dieser Regierung. Heinz Faßmann ist nicht mehr allein.

Zwei echte Experten und Professoren machen noch kein Expertenkabinett, aber mit Kocher bekommt diese Regierung den dringend benötigten Wirtschafts- und Finanzexperten für oder gegen diese Krise. (Dass natürlich nicht nur Experten Politik machen sollten oder können, sondern auch entscheidungsfreudige, manchmal sogar ideologisch berufene Politiker, brauchen wir hier nicht zu wiederholen.) Kurz hat sich angesichts einer langen Tradition inhomogener und intriganter ÖVP-Regierungsteams bisher vor allem für Loyalität als wichtigste Eigenschaft bei der Auswahl entschieden. Dass er einen parteifreien Experten auswählt, der ihm notfalls sicher auch einmal widerspricht, zeugt hoffentlich von einem geänderten Politikverständnis des Kernteams Kurz. Auch dass sich der Kanzler nicht automatisch gezwungen sah, der alten Parteilogik folgend eine Steirerin für die Nachfolge der Landsfrau anzurufen, beweist Mut zu Neuem. Und dass Kurz offenbar doch nicht über Nacht zum klassischen ÖVP-Obmann-Länderbüttel mutiert ist, wie seine Feinde erhofften.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.