Zwei Männer, die auf Bildern der Kapitol-Unruhen mit Plastik-Fesseln zu sehen sind, wurden verhaftet. Das FBI untersucht, ob Geiselnahmen geplant waren, und will Hinweise auf die Drahtzieher der beiden Sprengsätze belohnen.
Eine außer Kontrolle geratene Demonstration? Eine aufgehetzte Menge? Ein geplanter Coup? Inlands-Terrorismus? Viele Fragen zu den Unruhen am US-Kapitol in Washington D.C. sind noch nicht geklärt. Es werden allerdings immer mehr Details bekannt. So wurden am Sonntag zwei weitere Verdächtige festgenommen. Die Staatsanwaltschaft in Washington teilte mit, die Bundespolizei FBI habe einen der Beschuldigten in Texas gefasst, den anderen in Tennessee.
Die beiden Eindringlinge sollen demnach im Kapitol Plastik-Handfesseln mit sich getragen haben, wie sie normalerweise Polizisten bei Festnahmen verwenden. Beide Männer sind auf Bildern vom vergangenen Mittwoch mit entsprechenden Plastik-Handfesseln zu sehen. Das nährt auch die Spekulation rund um mögliche geplante Geiselnahmen im Zuge der Erstürmung des Kapitols. Laut „Washington Post“ ermittelt das FBI jedenfalls auch in diese Richtung. Bilder oder Videos möglicher versuchter Geiselnahmen sind allerdings bisher noch nicht aufgetaucht.
Im Haus des Inhaftierten in Tennessee fanden sich laut dem US-Nachrichtensender CBS jede Menge Waffen. Es werde noch geprüft, ob er sie legal besessen habe. Jener Mann, der in Texas festgenommen wurde, beteuerte unterdessen, er habe die Plastikfesseln nur gefunden und aufgehoben, als die Fotos von ihm entstanden, sagte er dem Magazin „New Yorker“. Er ist schon das zweite Mitglied der Air Force, das mit dem Aufstand am Kapitol in Verbindung steht. Auch jene Frau, die von der Capitol Police erschossen wurde, war Veteranin der US-Air Force.
Die Staatsanwaltschaft teilte mit, den Verdächtigen würden vor einem Bundesgericht illegales Eindringen in ein besonders gesichertes Gebäude sowie gewaltsames Eindringen und ungebührliches Verhalten auf dem Gelände des Kapitols zur Last gelegt. Im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol am Mittwoch müssen sich inzwischen mindestens 25 Verdächtige wegen "einheimischen Terrorismus" vor einem Bundesgericht verantworten. Das sagte laut der Nachrichtenagentur Reuters Ryan McCarthy, ein hochrangiger Beamter des Verteidigungsministeriums, einem demokratischen Abgeordneten am Sonntag.
Bei der Erstürmung des Kapitols stach einer der Eindringlinge besonders ins Auge: Bilder des Mannes mit dem Kopfschmuck aus Fell und Hörnern, dem angemalten Gesicht, dem nackten Oberkörper und dem Speer mit US-Flagge in der Hand gingen um die Welt. Jacob C., bekannter Aktivist der Verschwörungstheoretiker von Qanon, aus Arizona festgenommen, wie die Staatsanwaltschaft in Washington mitteilte.
FBI schreibt Belohnung für Hinweise aus
Keine neuen Informationen gibt es über die Hintergründe bzw. Hinterleute der Rohrbomben in der Innenstadt von Washington D.C. Für Hinweise schreib das FBI eine Belohnung von 50.000 Dollar (40.729,88 Euro) aus. Einer der Sprengsätze war am Hauptquartier der Republikanischen Partei positioniert worden. Die Hintergründe sind bisher weiter unklar. Nach Polizeiangaben waren es keine Attrappen, sondern tatsächlich gefährliche Sprengsätze, die großen Schaden hätten anrichten können. Das FBI veröffentlichte ein Foto von einem maskierten Verdächtigen.
Eine Wortmeldung aus dem Hause Trump gab es am Montag zu den Unruhen - und zwar von First Lady Melania Trump. Sie sei „enttäuscht und entmutigt über das, was letzte Woche passiert ist", erklärte sie
in einer ausführlichen Mitteilung, in der sie sich gleichzeitig bei den US-Amerikanern für ihre Zeit als First Lady bedankte.
US-Außenminister Mike Pompeo hat unterdessen gefordert, die Täter "schnell" zur Rechenschaft zu ziehen. "Amerikas Demokratie wird durch Recht und Ordnung erhalten, nicht durch das Handeln eines Mobs", schrieb Pompeo am Montag auf seinem privaten Twitter-Konto. Pompeo gilt seit langem als sehr loyal gegenüber seinem Chef, dem scheidenden
US-Präsidenten Donald Trump.
Unterdessen wächst die Sorge vor weiteren Unruhen rund um die Angelobung des designierten Präsidenten Joe Biden am 20. Jänner. Auf sozialen Netzwerken tauchen immer wieder neue Aufrufe zu Protestmärschen der Trump-Anhänger auf. Es ist Tradition, dass der neue Präsident auf den Stufen des Kapitols vereidigt wird - jener Schauplatz, an dem die Sicherheitskräfte am 6. Jänner versagt hatten.
>> Der Artikel im „New Yorker"
>> Der Artikel der „Washington Post"
(APA/Reuters/dpa)