Interview

Pharmig-Generalsekretär: "Impfstoff-Vergleiche erinnern mich an Sportautos"

Nach einem zögerlichen, pannenreichen Start ist die Impfkampagne in Österreich  voll angelaufen, in den meisten  anderen europäischen Ländern wurden aber  mehr Dosen verabreicht.
Nach einem zögerlichen, pannenreichen Start ist die Impfkampagne in Österreich voll angelaufen, in den meisten anderen europäischen Ländern wurden aber mehr Dosen verabreicht.APA/AFP/PASCAL GUYOT
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Alexander Herzog, Generalsekretär des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs, spricht über die Verzögerungen beim Impfen, Österreichs Strategiewechsel und die Wirksamkeit des AstraZeneca-Produkts, dessen Zulassung in Europa für Ende Jänner erwartet wird.

Die Presse: Lassen wir einmal Israel beiseite. In Dänemark wurden sämtliche Bewohner von Alters- und Pflegeheimen geimpft, in Italien mehr als eine halbe Million Menschen, in Österreich hingegen insgesamt rund 30.000. Wie ist das zu erklären?

Alexander Herzog:
Die Logistik ist zweifellos herausfordernd. Die Kommunikation desselben ebenso. Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat von einer „Pilotphase“ gesprochen, die es demnach vor der breiteren Ausrollung der Impfungen zu bestehen galt, und auch davon, dass man keines der Heime bevorzugen wolle, also alle gleichermaßen beliefern möchte. Das ist aus Sicht der Politik verständlich, gleichzeitig ist die Erwartung bei vielen Menschen hoch, endlich die ersehnte Impfung auch zu erhalten. Andere Länder scheinen hier eine andere Strategie zu fahren und sofort jede einzelne Impfdosis zu verimpfen, die ins Land geliefert wird. Auf diesen Weg ist ja auch die Bundesregierung letztlich eingeschwenkt. Wie auch immer es gemacht wird, das Wichtigste ist, dass haargenau dokumentiert wird, wann wo wer geimpft wird, denn jede Person muss zwei Impfungen erhalten, damit der Impfschutz auch tatsächlich eintritt.

Ärgern Sie als Vertreter der Pharmaindustrie die Verzögerungen in den vergangenen Wochen?

Sie ärgern mich, aber als Staatsbürger, nicht als Vertreter der Pharmaindustrie in Österreich. Denn die Industrie hat in enormer Geschwindigkeit ihren Beitrag geleistet, um die Pandemie zu bekämpfen, und Impfstoffe in höchster Qualität entwickelt bzw. zur Zulassung eingereicht.

Wie bewerten Sie die bisherige Performance Österreichs beim Impfen der Bevölkerung?

Noch nie hatten wir die Situation, dass – die Freiwilligkeit vorausgesetzt – die gesamte Bevölkerung eines Landes geimpft werden sollte bzw. müsste. Wenn andere Länder nun schneller agieren, so hätte man sich vielleicht schon im Vorfeld länderübergreifend abstimmen oder überlegen können, wie man am effizientesten in der Logistik und Verabreichung der Impfung vorgeht.

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