Am Dienstag soll über den Antrag im Repräsentantenhaus abgestimmt werden, wo die Demokraten die Mehrheit haben. Das wäre die erste Hürde für ein Impeachment-Verfahren. Gleichzeit fordern die Demokraten aber Vizepräsident Mike Pence auf, Trump abzusetzen.
Die US-Demokraten haben im Repräsentantenhaus eine Resolution für eine Amtsenthebung von Präsident Donald Trump eingereicht. Der Impeachment-Text, in dem Trump wegen des Sturms auf das Kapitol "Anstiftung zum Aufruhr“ vorgeworfen wird, wurde am Montag in der Kongresskammer vorgelegt, wie der demokratische Abgeordnete Ted Lieu mitteilte. Eine Abstimmung über die Resolution ist für Dienstag geplant. Da die Demokraten in der Kammer in der Mehrheit sind, dürfte diese Hürde genommen werden. Anschließend müsste sich der Senat damit befassen. Dort gilt eine Entscheidung vor dem 20. Jänner aber als quasi
ausgeschlossen.
Die Demokraten riefen aber gleichzeitig auch Vizepräsident Mike Pence auf, Trump abzusetzen. Unter Anwendung des 25. Verfassungszusatzes könnte Trump so noch vor Ende seiner Amtszeit am 20. Jänner für amtsuntauglich erklärt und abgesetzt werden.
Die Demokraten werfen Trump vor, zum Aufruhr angestiftet zu haben bei der Erstürmung des Kapitols durch seine Anhänger in der vergangenen Woche. "Zum Schutze unserer Verfassung und unserer Demokratie werden wir mit Nachdruck handeln, denn dieser Präsident stellt eine unmittelbare Bedrohung für beide dar", sagte die ranghöchste Demokratin im Kongress, Nancy Pelosi am Sonntag, als sie Mike Pence ein Ultimatum stellte, das nun ungenützt verstrichen ist.
Pence unter Druck
Die Resolution erhöht den Handlungsdruck auf Pence. Dessen Verhältnis zu Trump gilt seit den Ausschreitungen im und rund um das Kapitol als zerrüttet. Insidern zufolge sprechen beide Männer gegenwärtig nicht miteinander. Nach Angaben eines Beraters lehnt Pence aber eine Anwendung des 25. Zusatzartikels ab. Unklar ist auch, ob er für einen solchen Schritt genügend Rückendeckung aus dem Kabinett bekommen würde.
Trump ist der erste Präsident in der Geschichte, der sich zwei Mal einem solchen Verfahren stellen muss. Für eine Verurteilung ist allerdings der Senat zuständig. Nötig sind zwei Drittel der 100 Stimmen. Das erste Amtsenthebungsverfahren gegen Trump scheiterte vor gut einem Jahr am republikanisch dominierten Senat. Auch diesmal verfügen die Demokraten mit 50 Senatoren nicht über die nötigen Stimmen. Sie sind auf die Unterstützung von mindestens 17 Republikanern angewiesen. Bis Sonntag haben lediglich zwei republikanische Senatoren öffentlich erklärt, dass Trump noch vor Ende seiner Amtszeit abtreten sollte.
Erschwerend kommt hinzu, dass die nächste Senatssitzung erst am 19. Jänner vorgesehen ist - einen Tag, bevor Trumps Nachfolger Joe Biden vereidigt werden soll. Die Zeit für eine Verurteilung vor dem regulären Ablauf von Trumps Amtszeit ist also äußerst knapp bemessen. Allerdings kann diese auch noch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Trump wäre dann zwar längst nicht mehr im Amt, dürfte aber zumindest künftig kein öffentliches Amt mehr übernehmen. Mit Blick auf die nächste Präsidentenwahl 2024 könnte das durchaus relevant sein, denn schon jetzt wird spekuliert, dass er dann einen Comeback-Versuch startet.
Republikaner im Zwiespalt
Ein Amtsenthebungsverfahren könnte auch Trumps Mitstreiter im Kongress in Erklärungsnot bringen, sollten sie das Verhalten des abgewählten Präsidenten weiter verteidigen. Mehrere Konzerne wie die Hotelkette Marriott und die Großbank JPMorgan Chase haben bereits erklärt, kein Geld mehr an die fast 150 Republikaner zu spenden, die sich geweigert hatten, das Ergebnis der Präsidentenwahl, also Bidens Sieg zu zertifizieren.
Die Demokraten wollen allerdings verhindern, dass sich der Senat gleich zu Beginn von Bidens Amtszeit in einem langwierigen Verfahren verstrickt. Denn die Kammer ist auch dafür zuständig, wichtige Personalentscheidungen wie die Ernennung von Bidens Kabinettsmitgliedern zu bestätigen. Erst am Montag schlug Biden den früheren Vize-Außenminister Nicholas Burns als neuen CIA-Chef vor.
(APA/dpa/Reuters)