Arbeitsmarkt

Arbeitsminister Kocher: Kurzarbeit ist kein Dauerinstrument

Arbeitsminister Martin Kocher: Vollbeschäftigung als Ziel
Arbeitsminister Martin Kocher: Vollbeschäftigung als ZielAPA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Sobald die Pandemie einigermaßen vorüber sei, müsse man schauen, wann man aus der Kurzarbeit wieder aussteigen könne, sagt der neue Arbeitsminister Martin Kocher.

Der am Montag angelobte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hat im Ö1-Morgenjournal im ORF-Radio seine Vorstellungen dargelegt. Zur Corona-Kurzarbeit werde er im Februar ein Konzept vorlegen, das abhängig von der Pandemieentwicklung und behördlichen Schließungen sein werde. Kurzarbeit sei in Krisen sinnvoll, sie sei aber "kein Dauerinstrument", sagte er.

Sobald die Pandemie einigermaßen vorüber sei, müsse man schauen, wann man aus der Kurzarbeit wieder aussteigen könne. Es gebe laufend Gespräche mit den Sozialpartnern. Er wolle im Februar eine Lösung vorlegen, um vor dem Auslaufen der jetzigen Kurzarbeits-Phase Ende März Planungssicherheit zu schaffen.

Das geplante Homeoffice-Gesetz wolle er "priorisieren", sagte Kocher. Es müsse bei den Kosten einen Ausgleich geben zwischen den Beteiligten, es gehe auch um die steuerliche Behandlung. Es gebe dazu noch Sozialpartnergespräche.  Die Regelung für das Arbeiten von zu Hause werde in der Pandemie und auch danach wichtig sein.

947.000 auf Jobsuche oder in Kurzarbeit

Derzeit sind 532.751 Personen auf Jobsuche, das sind um rund 112.000 oder 26 Prozent mehr als vor einem Jahr, teilte das Arbeitsministerium am Dienstag mit. Davon waren 469.772 Menschen arbeitslos gemeldet und 62.979 in Schulung. Im Vergleich zum Dezember 2020 bedeutet das ein Plus von rund 12.000 Personen. Ursache für den Anstieg sei neben der üblichen saisonalen Flaute am Arbeitsmarkt der fehlende Saisonstart im Tourismus.

Zusätzlich sind 414.773 Personen in Kurzarbeit. „Ein leichter Rückgang gegenüber der Vorwoche“, wie Kocher bei seiner ersten Pressekonferenz als Arbeitsminister gemeinsam mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) am Dienstag sagte. Bisher wurden 5,6 Milliarden Euro für die Unterstützung der Kurzarbeit ausbezahlt, für die aktuell bis Ende März laufende Phase 3 der Kurzarbeit sind 4 Milliarden Euro bewilligt. Über den weiteren Umgang mit der Kurzarbeit nach Ende März seien "zeitnahe" Gespräche mit den Sozialpartnern vorgesehen. Im Budget für 2021 seien vorerst 5 Milliarden Euro für Kurzarbeit reserviert, das Budget könne bei Bedarf aber noch erhöht werden.

Aus Sicht des Arbeitsministeriums hat die Kurzarbeit bisher über eine Million Jobs gesichert, die Hälfte davon in der Warenerzeugung und im Handel. 94,5 Prozent der Menschen, die im April in Kurzarbeit waren, waren Ende Oktober noch in Beschäftigung. „Die Kurzarbeit ist keine versteckte Arbeitslosigkeit. Sie ist in der Krise ein ganz wichtiges Instrument“, sage Kocher. Das derzeit wichtigste Ziel sei aber die Eindämmung der Corona-Pandemie.

Kocher rechnet saisonbedingt  mit einer weiteren leichten Steigerung der Arbeitslosigkeit im Jänner und möglicherweise im Februar: "Ich hoffe, dass der Gipfel sehr bald erreicht ist." Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit hänge natürlich von der Pandemieentwicklung ab.

Der Fokus liege nun darauf, dass die Impfungen möglichst rasch verabreicht werden, und dass die Infektionszahlen sinken. "Wir können nur abfedern", sagte Kocher. Auch eine allfällige Verlängerung der Kurzarbeit nach dem Auslaufen der derzeitige Regelung Ende März hänge von der Corona-Pandemie ab. Wenn es noch Zeit brauche bis zu einer Durchimpfung, dann spreche das für die Verlängerung der Kurzarbeit.

„2021 wird das Jahr der wirtschaftlichen Auferstehung“, ist Wirtschaftsministerin Schramböck aber zuversichtlich. Man werde sich am Wachstumsmarkt China ankoppeln und weitere Handelspartner in Asien suchen. Das sei deshalb wichtig, weil Exporte Arbeitsplätze schaffen, 50 Prozent der Arbeitsplätze würden vom Export abhängen.

Vollbeschäftigung als Ziel

Der parteilose Wirtschaftsforscher sagte, er hätte bei dem Angebot für ein Ministeramt nicht zugesagt, wenn er das Koalitionsabkommen nicht grundsätzlich für sinnvoll halte. Die Frage, ob er auch bei Schwarz-Blau mitgemacht hätte, könne er nicht so leicht beantworten. "Diese Konstellation gefällt mir besser", meinte er im Hinblick auf die jetzige ÖVP-Grüne-Regierung. Er habe nach der Anfrage, ob er Arbeitsminister werden wolle, nicht lange überlegt, denn es sei für ihn notwendig gewesen, Verantwortung zu übernehmen. Er wolle sich einsetzen, "dass wir die Arbeitsmarktfolgen so gut es geht abschwächen und wieder Beschäftigung schaffen nach der Pandemie".

In der "ZiB2" des ORF-Fernsehens sagte Kocher, er strebe langfristig "Vollbeschäftigung" an, das sei das Ziel jedes Arbeitsministers. Ob er bei der letzten Wahl ÖVP gewählt habe wolle er nicht bekanntgeben. Bedeckt hielt er sich auch zur zwischen den Koalitionspartnern ÖVP und Grünen umstrittenen Frage der Flüchtlingsaufnahme aus Lagern in Griechenland, da sei er kein Experte.

Die Erhöhung des Arbeitslosengelds von 55 Prozent des letzten Einkommens auf 70 Prozent, wie es etwa die Gewerkschaft fordert, lehnt der neue Minister ab. Es sei jetzt nicht die Zeit für eine Reform des Arbeitslosengelds. Eine kurzfristige Erhöhung wäre schwierig und unfair, wenn nach der Corona-Zeit das Arbeitslosengeld wieder auf 55 Prozent gekürzt werde.

Die Berufe in der Pflege müsse man auf jeden Fall attraktiver machen, da gehe es aber nicht nur um den Lohn, sondern auch um andere Faktoren, meinte Kocher.

(APA/red)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kocher (ganz rechts) bei seiner Angelobung am Montag in der Hofburg.
Nachfolge

Martin Kocher als neuer Arbeitsminister angelobt

Im Beisein von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen Martin Kocher am Montag als neuen Arbeitsminister angelobt.
Ideologie und Wissenschaft müsse man „stets sauber trennen“, sagte Martin Kocher, als er IHS-Chef wurde.
Porträt

Martin Kocher, des Kanzlers Allzweckwaffe

Die Geschichte eines Verhaltensökonomen, den vor einigen Jahren die wenigsten kannten. Martin Kocher hat es als IHS-Chef mittlerweile nicht nur zu Prominenz gebracht – er genießt auch das Vertrauen von Sebastian Kurz.
Kanzler Sebastian Kurz stellte am Sonntag Martin Kocher als Nachfolger von Christine Aschbacher vor.
Regierungsumbildung

Was den Arbeitsminister erwartet

Martin Kocher war bisher Chef des Instituts für Höhere Studien und ist ab Montag neuer Arbeitsminister. Der Experte ohne Parteibuch muss die größte Arbeitsmarktkrise seit dem Zweiten Weltkrieg managen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.