US-Krise

Wirtschaftsgrößen wenden sich von Trump ab

APA/AFP/SAUL LOEB
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Mehrere Konzerne drehen Republikanern nach dem Sturm aufs Kapitol den Geldhahn zu. Wahlspenden-Forscher: "Das ist ein echter Moment der Wahrheit.“

Nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols durch Anhänger von Donald Trump haben mehrere Wirtschaftsgrößen in den USA dem scheidenden Präsidenten den Rücken zugekehrt. Zahlreiche Unternehmer verurteilten die Gewalt bei den Vorfällen im Kongress vergangene Woche scharf. Der einflussreiche Gewerkschafts-Dachverband AFL-CIO, der milliardenschwere Investor Nelson Peltz und die Chefs der Eiscrememarke Ben & Jerry's forderten gar Trumps sofortige Absetzung.

Einige Unternehmen beließen es nicht allein bei Kritik. Der Kurzbotschaftendienst Twitter sperrte endgültig Trumps Konto und beraubte ihn damit seines beliebtesten Kommunikationskanals. Die Onlinehandelsplattform Shopify schloss Seiten mit Trump-Artikeln und der Online-Bezahldienst Stripe bearbeitete keine Zahlungen mehr für die Wahlkampf-Website des Präsidenten.

Einige Konzerne drehten auch Trumps Verbündeten in der Republikanischen Partei den Geldhahn zu. Die Hotelkette Marriott, der Krankenversicherer Blue Cross Blue Shield und der Finanzkonzern American Express strichen alle Spenden an republikanische Abgeordnete, die in der Kongresssitzung vergangene Woche gegen die Bestätigung von Joe Bidens Wahlsieg gestimmt hatten. Eine solche Haltung stimme nicht mit den Werten seines Unternehmens überein, erklärte American-Express-Chef Stephen Squeri in einer Botschaft an seine Mitarbeiter.

Große Unternehmen wie die Bank JPMorgan Chase, der Softwarekonzern Microsoft, das Onlinenetzwerk Facebook und der Suchmaschinenriese Google kündigten an, ihre Spenden über die sogenannten Political Action Committees (PAC) sowohl für die Republikaner als auch für die Demokraten auszusetzen. Die PAC sammeln - häufig gesteuert von leitenden Managern - Spenden der Mitarbeiter ein und leiten diese zentral weiter.

Wie lange die plötzliche Distanz zwischen Wirtschaft und Politik anhalten wird, ist jedoch unklar - insbesondere da Joe Biden viele wirtschaftsfreundliche Entscheidungen Trumps rückgängig machen will, sobald er im Amt ist.

"Das ist ein echter Moment der Wahrheit. Ändern sie ihr Verhalten? Oder werden sie nach einer Weile wieder rückfällig?" sagt Bruce Freed, Vorsitzender des Center for Political Accountability, mit Blick auf die Unternehmen.

Daniel Newman, Vorsitzender von MapLight, hält die Aussetzung politischer Spenden an Abgeordnete, die gegen die Bestätigung von Bidens Wahlsieg gestimmt haben, für gerechtfertigt. Seine Organisation untersucht die Finanzierung von Parteien und Politikern in den USA.

Der Schritt der Unternehmen könnte laut Newman die klare Botschaft senden, dass der Bruch mit demokratischen Normen und die Verbreitung von Falschinformationen von der Wirtschaft nicht toleriert werden. Um die angeschlagene US-Demokratie zu heilen, seien jedoch eine Reform der Parteienfinanzierung und mehr Regierungstransparenz nötig.

Tatsächlich könnten die Konzerne ihre Finanzspritzen für die Politik bald wieder aufnehmen. JPMorgan Chase setzte seine PAC-Spenden nach eigenen Angaben für "mindestens sechs Monate" aus, Facebook für "mindestens drei Monate". Microsoft erklärte, es unterbreche seine Spenden grundsätzlich im ersten Quartal nach der Wahl eines neuen Kongresses. Zudem gibt es für die Unternehmen auch andere Wege, an Parteien und Abgeordnete zu spenden.

Angesichts von Bidens Ankündigung, die Steuern für Unternehmen sowie den Mindestlohn anzuheben, dürften die Vertreter der großen Konzerne bald den Weg zurück in die Abgeordnetenbüros finden - insbesondere da 2022 erneut Kongresswahlen anstehen.

Deutsche Bank geht auf Distanz

Die Deutsche Bank geht einem Medienbericht zufolge auf Distanz zu dem scheidenden US-Präsidenten Donald Trump. Das größte deutsche Geldhaus wolle künftig keine Geschäfte mehr mit Trump und seinen Firmen machen, berichtete die "New York Times" am Dienstag unter Berufung auf eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Mit ausstehenden Schulden von 340 Millionen Dollar (280 Millionen  Euro) ist die Deutsche Bank größter Kreditgeber von Trump.

Das Institut hatte ihm noch Darlehen gewährt, als andere Banken sich längst zurückgezogen hatten. Ein Sprecher der Deutschen Bank lehnte einen Kommentar an. Trumps Familienunternehmen, die Trump Organization, und das Weiße Haus in Washington waren zunächst nicht erreichbar.

Die US-Chefin der Deutschen Bank, Christiana Riley, verurteilte vergangene Woche in einem Beitrag bei LinkedIn den Sturm auf das Kapitol, bei dem mehrere Menschen getötet wurden. Kurz zuvor hatte Trump in einer Rede vor Tausenden Demonstranten noch einmal in scharfen Worten angeblichen Wahlbetrug angeprangert. "Wir sind stolz auf unsere Verfassung und stehen zu denen, die versuchen, sie aufrechtzuerhalten, um sicherzustellen, dass der Wille des Volkes gewahrt bleibt und ein friedlicher Machtwechsel stattfindet", schrieb Riley auf der LinkedIn-Plattform.

Die Nachrichtenagentur Reuters hatte bereits im vergangenen Jahr berichtet, dass die Deutsche Bank nach Möglichkeiten suche, ihre Geschäftsverbindung mit Trump nach den Präsidentschafts-Wahlen im November zu beenden. Der Trump Organization gehören mehrere Hotels und Golfclubs.

(APA/AFP/Reuters)

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