Ein Mob wütender Trump-Anhänger stürmte das Kapitol, ein Präsident wurde von Twitter verbannt und während die einen Joe Biden herbeisehnen, wollen die anderen den Sieg auch jetzt nicht anerkennen. Was bedeutet das für die USA? Diskutieren Sie mit!
Die Bilder gingen um die Welt: Wütende Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump stürmten teils bewaffnet, teils mit Konföderiertenflaggen in der Hand, das Kapitol, fünf Menschen starben bei den Protesten. Vor der Inauguration seines Nachfolgers Joe Biden in Washington am Mittwoch wurden strenge Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Über 25.000 Soldaten der Nationalgarde sollen für Sicherheit sorgen. „Der 46. US-Präsident tritt sein Amt unter schwierigsten Bedingungen an“, schreibt Außenpolitik-Redakteur Thomas Vieregge im Leitartikel. „ Doch es ist ihm und seinem Team zuzutrauen, das Land aus der Krise zu führen“.
Wie schwierig die Bedingungen sind, zeigt die aufsehen erregende Sperre von Trump in den Sozialen Medien. Die Plattform Twitter begründete den Schritt mit dem "Risiko von Gewalt“. Der Vorwurf: Trump habe auf der Plattform seine Anhänger angestachelt, das Kapitol zu stürmen. Die Diskussion, die darauf folgte, ist interessant: „Nicht die Trump-Anhänger, sondern deren erbitterte Gegner konnten nicht fassen, dass Twitter sich zum Richter über zulässige oder unzulässige Meinungsbeiträge auf der digitalen Plattform aufschwingt“, fasst Medienforscher Josef Trappel in einem Gastkommentar zusammen. Er selbst sieht den Eingriff des US-Konzerns, der lange von Trump profitierte, als gerechtfertigt an.Dass es Twitter nur nur am Rande um die öffentliche Moral geht, meint dagegen Karl-Peter Schwarz in der Kolumne „Quergeschrieben“. Er schreibt: „Die US-Demokraten drohen seit Langem, die Macht der sozialen Medien zu beschränken. Das ist ein guter Grund, den neuen Präsidenten milde zu stimmen."
Nicht nur auf Twitter regieren oft die Emotionen, auch beim Sturm auf das Kapitol war das so. Die Interpretation der Ereignisse fällt unterschiedlich aus. Für manche war es ein gefährlicher „Putschversuch“, für den Publizisten Peter Huemer trotz allem „eine Erleichterung“. In einem Gastkommentar erklärt er, warum: „Das Ende ist genauso erbärmlich wie Donald Trumps gesamte Präsidentschaft. Aber es ist das Ende."
Der Sicherheitsexperte Franz-Stefan Gady sieht indes in einem Gastbeitrag die Demokratie in den Vereinigten Staaten permanent in Gefahr. Um dies zu argumentieren, blickt er weit in die Geschichte zurück und ortet das Problem in einer Weltanschauung, die Amerika zum utopistischen Ideal macht. „Das ist nicht Amerika“, hat Biden nach dem Vorfällen im Kapitol gesagt. Gady hält dagegen: „Aufstände und die Konföderation waren und sind Amerika."
Einen anderen Aspekt beleuchtet Anneliese Rohrer in der Kolumne „Quergeschrieben“. Und er stimmt positiv: „Sie können es, die Amis“, schreibt sie - und erklärt, wie ihrer Ansicht nach zwei Individuen (eine engagierte Demokratin und ein republikanischer Rechtsanwalt) zu den Rettern der US-Demokratie wurden. Gleichzeitig fragt sich Rohrer ob mit der gleichen Courage bei einem ähnlichen politischen Drama in Europa zu rechnen wäre.
(Anmerkung: Der Diskussionsartikel stammt vom 12. Jänner und wurde am 20. Jänner aktualisiert.)
(sk)
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