Referendum

Schweiz steuert auf Volksabstimmung über Coronamaßnahmen zu

APA/AFP/FABRICE COFFRINI
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Der Verein "Freunde der Verfassung" sammelte 90.000 Unterschriften für eine Abstimmung auf Bundesebene. Diese könnte aber frühestens im Juni möglich sein.

Unser westliches Nachbarland Schweiz dürfte auf eine hochinteressante Volksabstimmung zusteuern: Gegner der Anti-Corona-Maßnahmen wollen das Schweizer Covid-Gesetz zur Eindämmung der Pandemie kippen und reichten deswegen heute, Dienstag, nach eigenen Angaben etwa 90.000 Unterschriften bei den zuständigen Behörden ein. Das sei genug, um eine Abstimmung zu erzwingen, wie der Sprecher des Vereins "Freunde der Verfassung", Christoph Pfluger, der Agentur Keystone-SDA sagte. Sie könnte allerdings erst im Juni stattfinden.

Laut Schweizer Bundesverfassung können 50.000 Stimmberechtigte oder acht Kantone innerhalb von 100 Tagen seit der amtlichen Publikation im Rahmen eines „fakultativen Referendums" erzwingen, dass Bundesgesetze und -Beschlüsse dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden.

Pfluger (67), ein Journalist und Publizist aus dem westlichen Kanton Solothurn, ist als Kritiker der Corona-Maßnahmen und Impfskeptiker bekannt. Er kritisierte die verkürzte Prüfung neuer Medikamente in dem bereits in Kraft getretenen „dringlichen" Gesetz. Der Bundesrat, die Regierung der Schweiz, solle bezüglich der Impfungen ein Moratorium verhängen, bis zuverlässigere Daten über die Wirkung der jetzigen Impfstoffe gegen Corona vorlägen. Es fehlten verlässliche Angaben dazu.

Der Verein ist auch gegen die Befugnisse, die das Gesetz der Regierung und den Behörden bei der Bekämpfung der Pandemie sowie zur Linderung der Bekämpfungsmaßnahmen auf Wirtschaft und Gesellschaft einräumt. Das Referendum will letztlich auch verhindern, dass die notstandsrechtlichen Kompetenzen des Bundesrates bezüglich Covid-19 nachträglich legitimiert und verlängert werden.

Klage über angebliche Behinderungen

Laut Pfluger zählt der im Juli 2020 gegründete Verein Freunde der Verfassung rund 1000 Mitglieder. Viele davon hätten sich beim Sammeln von Unterstützungserklärungen für die Referendums-Initiative beteiligt, sagte er am Dienstag. "Sie ließen sich von den Hindernissen nicht beirren, von der Polarisierung der Gesellschaft, von den Schutzvorschriften und wiederholten Behinderungen durch die Polizei." Das zeige, dass die "Sorge um die Grundrechte" tief liege und zu „außerordentlichen Leistungen" motiviere.

Das Stimmvolk bekomme nun die Gelegenheit, sich zur Frage zu äussern, ob die direkt-demokratischen Rechte dem staatlichen Pandemie-Management geopfert werden sollen.

Pfluger ist nicht ganz unumstritten und wurde, etwa in der „Solothurner Zeitung", auch schon „Corona-Verharmloser" genannt. In Büchern, Medienbeträgen und seiner Zeitschtift „Zeitpunkt" kritisiert er etwa Kapitalismus, Finanzwesen, Globalisierung und soziale Machtsysteme.

Cocktailumtrunk vor Bundeshaus

Nach der Einreichung der Unterschriften veranstalteten die Initianten des Referendums am Dienstag einen Umtrunk auf der Bundesterrasse, also dem Platz vor dem Bundeshaus. Sie wurden von der Polizei aufgefordert, den Apéro zu beenden. Wer trotz Wegweisung blieb, müsse mit einer Anzeige rechnen, schrieb die Kantonspolizei Bern auf Twitter. Der Umtrunk habe gegen die geltende Covid-Verordnung verstossen.

(APA/DPA/SDA/wg)

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