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"Unwörter": Sprachliche Sensibilisierung mit politischer Agenda

Frau mit "Diktatur"-Maske
Frau mit "Diktatur"-Maskeimago images/Michael Schick
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Die deutschen „Unwörter“ 2020 sind gekürt, mit Corona- und Migrationsschwerpunkt.

Österreich hat sein „Unwort des Jahres“ für 2020 schon gekürt, es war „Coronaparty“. Der „Babyelefant“, einprägsam und in der neuen Kälte des Social Distancing wenigstens eine Spur herzerwärmend, wurde bei uns Wort des Jahres. Nun hat auch Deutschland seine Kür bekannt gegeben. Und, wenig verwunderlich, steht auch dort Corona im Zentrum. „Corona-Diktatur“ wurde zu einem der zwei Unwörter 2020. Der zweite Begriff ist ein Terminus technicus aus der EU-Migrationspolitik: „Rückführungspatenschaft“.

Wer nicht weiß, was das ist, steht wohl nicht alleine da. Gemeint ist, so liest man auf einer europäischen Informationsseite, dass „ein Mitgliedstaat die Aufgabe übernimmt, eine nicht aufenthaltsberechtigte Person im Namen eines anderen Mitgliedstaats zurückzuführen.“ Tatsächlich ein unverschämter Euphemismus also, der glücklicherweise nie in unsere Alltagssprache gedrungen ist: Als Paten kennt man Menschen, die sich bereit erklären zu helfen, sich zu kümmern, moralische Verantwortung zu übernehmen für andere Lebewesen.

Ist „Abschiebung“ ein Dysphemismus?

Dieses „Unwort“ erinnert uns freilich daran, dass auch andere Begriffe in diesem Zusammenhang keineswegs wertfrei sind: Ist „Rückführung“ neutral oder auch schon zu positiv? Ist der eigentlich brutale Begriff „Abschiebung“ ein Dysphemismus, also das Gegenteil von Euphemismus? Schieben, verschieben, wegschieben, abschieben sind adäquate Ausdrücke im Umgang mit Dingen, nicht Menschen. Oder passt der Begriff gerade durch seine Abstraktion und Entmenschlichung?

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