USA

Die Suche nach 17 republikanischen Trump-Gegnern im Senat

US-Vizepräsident Mike Pence hat noch bis 20. Jänner den Vorsitz im Senat.
US-Vizepräsident Mike Pence hat noch bis 20. Jänner den Vorsitz im Senat. (c) APA/AFP/ZAK BENNETT (ZAK BENNETT)
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Das Repräsentantenhaus stimmt heute über die Anklageschrift ab. Die größere Hürde ist allerdings der Senat, wo es eine Zweidrittel-Mehrheit braucht. Doch es gibt einige Republikaner, die ankündigen, gegen Trump stimmen wollen.

Inmitten einer angespannten Sicherheitslage spitzt sich der Machtkampf in Washington zwischen den Demokraten und dem scheidenden US-Präsidenten Donald Trump zu. Nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol will die Partei von Joe Biden, der am 20. Jänner ins Weiße Haus einzieht, noch am heutigen Mittwoch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump starten.

Das US-Repräsentantenhaus hat mit seinen Beratungen über die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump begonnen. In einem ersten Schritt ging es am Mittwoch um die Regeln für die Debatte über das geplante Impeachment wegen der Kapitol-Erstürmung durch militante Trump-Anhänger. Die Abstimmung über den Anklagepunkt "Anstiftung zum Aufruhr" war ab 15 Uhr (Ortszeit; 21 Uhr MEZ) geplant.

Die Demokraten hoffen dabei auch auf Unterstützung aus den Reihen der Republikaner hoffen. Immer mehr einstige Parteifreude rücken nämlich von Trump ab. Ob es am Ende aber für eine Verurteilung reicht, ist unklar. Trump selbst lehnte jegliche Verantwortung für die Ausschreitungen am Parlamentssitz, bei denen fünf Menschen starben, ab. "Was ich gesagt habe, war völlig angemessen", entgegnete er dem Vorwurf, er habe mit einer Rede kurz vor der Erstürmung des Kapitols seine Anhänger aufgestachelt.

Pence gegen vorzeitige Absetzung

Ein erster Versuch, Trump zu entmachten, scheiterte am Dienstag wie erwartet am Widerstand von Vizepräsident Mike Pence. Per Resolution forderten die Demokraten Pence auf, Trump unter Anwendung des 25. Verfassungszusatzes für amtsunfähig erklären zu lassen und abzusetzen. Der Vizepräsident lehnte dies jedoch ab. "Ich glaube nicht, dass ein solches Vorgehen im besten Interesse unserer Nation ist oder im Einklang mit der Verfassung steht", schrieb er in einem Brief an die Vorsitzende des demokratisch dominierten Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi.

Die Demokraten zeigten sich unbeeindruckt. Längst laufen die Vorbereitungen für ein Amtsenthebungsverfahren. Im Repräsentantenhaus ist dazu eine Abstimmung über die Anklageschrift angesetzt. Der Vorwurf lautet "Anstiftung zum Aufruhr". Es wird damit gerechnet, dass die Kammer die Anklage annimmt, da die Demokraten im Abgeordnetenhaus in der Mehrheit sind. Aber auch immer mehr Republikaner signalisieren Unterstützung. "Noch nie gab es einen größeren Verrat eines Präsidenten der Vereinigten Staaten an seinem Amt und seinem Eid auf die Verfassung", erklärte die Abgeordnete Liz Cheney, die Nummer Drei der Republikaner im Repräsentantenhaus und Tochter des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney. Trump habe "den Mob einbestellt, den Mob versammelt und die Flamme dieses Angriffs (auf das Kapitol) entzündet". Sie werde für eine Amtsenthebung stimmen.

Trump wäre der erste Präsident in der Geschichte der USA, der sich einem solchen Verfahren zwei Mal stellen musste. Für eine Verurteilung ist allerdings eine Zweidrittel-Mehrheit der Stimmen im Senat nötig. Da aber nur 50 der 100 Senatoren zum Lager der Demokraten zählen, ist die Partei auf die Unterstützung von mindestens 17 Republikanern angewiesen.

Republikaner unter Druck

Ein erster Anlauf - damals wegen der Ukraine-Affäre - scheiterte vor gut einem Jahr an der republikanischen Mehrheit in der Kongresskammer. Während damals die Chancen für eine Verurteilung jedoch von Anfang an schlecht standen, sieht es diesmal anders aus. Denn auch im Senat deutet sich an, dass immer mehr Republikaner Trump die Gefolgschaft verweigern könnten. Selbst Mitch McConnell, der bis zur Vereidigung der neuen Regierungsspitze kommende Woche noch der republikanische Mehrheitsführer im Senat ist, soll sich einem Bericht der "New York Times" zufolge zufrieden darüber geäußert haben, dass die Demokraten ein zweites Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anstreben. Die Republikaner stehen unter immensen Druck. Mehrere Konzerne haben angekündigt, bis auf weiteres keine Spendengelder mehr an Trump-Unterstützer zu zahlen.

Doch auch für die Demokraten birgt ein Amtsenthebungsverfahren Risiken. Zum einen wollen sie vermeiden, dass der Senat sich gleich zu Beginn von Bidens Präsidentschaft in ein kompliziertes Verfahren verstrickt. Sie befürchtet, dass es zu Verzögerungen etwa bei der Regierungsbildung kommen könnte, da der Senat auch für die Bestätigung von Kabinettsnominierungen zuständig ist. Vermeiden ließe sich dies, indem das Repräsentantenhaus die Anklage erst zu einem späteren Zeitpunkt an den Senat weiterleitet. Trump wäre dann zwar nicht mehr im Amt. Bei einer Verurteilung wäre er aber von weiteren öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. Das ist mit Blick auf die Präsidentenwahl 2024 wichtig, denn es wird spekuliert, dass der dann 78-Jährige erneut antreten könnte.

Zum anderen besteht aber auch die Gefahr, dass ein Amtsenthebungsverfahren die Gräben zwischen Anhängern der Demokraten und der Republikaner noch weiter aufreißen könnte. Biden hat eine Versöhnung der Amerikaner zum obersten Ziel seiner Präsidentschaft erklärt. Trump sagte, das Vorgehen der Demokraten sei eine Fortsetzung der "Hexenjagd" gegen ihn. Es herrsche eine große Wut im Land. Pence forderte die Nancy Pelosi auf Maßnahmen zu vermeiden, die das Land weiter spalteten. "Arbeiten Sie mit uns zusammen, um die Temperatur zu senken“, appellierte er an die ranghöchste Demokratin im Repräsentantenhaus.

Washington wappnet sich angesichts der angespannten Lage bereits gegen drohende Ausschreitungen. Allein bis zu 15.000 Nationalgardisten werden in der Bundeshauptstadt erwartet, um Bidens Vereidigung abzusichern. Die Bundespolizei FBI hat in einem internen Memo vor Planungen für bewaffnete Proteste in Washington, aber auch in den Hauptstädten der einzelnen US-Staaten gewarnt.

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(Apa/Reuters/red.)

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