Mythos 2: Wien liegt den anderen Ländern auf der Tasche

Mythos Wirtschaft

Wirtschaft. Geld konzentriert sich immer in Metropolen, also ist Wien wirtschaftlich gesehen ganz natürlich der „Wasserkopf“ Österreichs. Was allerdings nicht unbedingt negativ zu sehen ist: Die Wirtschaftsleistung ist nämlich überproportional hoch. Ein Fünftel (exakt 20,2Prozent) der Österreicher wohnt in der Bundeshauptstadt. Aber es erwirtschaftet mehr als ein Viertel (exakt 26,7Prozent) des gesamtösterreichischen Bruttoinlandsprodukts. In absoluten Zahlen sieht das noch imposanter aus: Der Wiener bringt es auf eine jährliche Wirtschaftsleistung (BIP pro Kopf) von 41.500 Euro, womit die Stadt wohlstandsmäßig im europäischen Mittelfeld direkt zwischen Paris und München liegt. In Österreich ist das der mit Abstand höchste Wert aller Bundesländer – und mehr als doppelt so viel wie im Burgenland, wo die Wirtschaftsleistung pro Kopf bei 20.500 Euro im Jahr liegt.

Pendler sei Dank. Daraus zu schließen, dass Wiener doppelt so tüchtig wie Burgenländer sind, wäre allerdings grober Unsinn: Zehntausende Tagespendler aus den umliegenden Bundesländern erhöhen das Wiener BIP. Und die Hauptstadt ist Unternehmenssitz vieler österreichweit (und international) tätiger Konzerne und Großbanken. Das verzerrt die BIP-Statistik grob nach oben. Allerdings: Die in den Bundesländern häufig gehörte These, dass der „Wasserkopf“ Wien die von den Ländern erarbeiteten Steuerleistungen „absaugt“, also den Ländern auf der Tasche liegt, ist aus eben diesem Grund falsch: Wien hat wegen seiner hohen Wirtschaftsleistung ein entsprechend hohes Steueraufkommen, die Mittelzuteilung aus dem Finanzausgleich erfolgt aber zu einem hohen Maß auf Basis der Einwohnerzahl. Die Investitionsstatistik schlägt stark zugunsten der Hauptstadt aus: Fast zwei Drittel (62,9 Prozent) der ausländischen Investitionen, die nach Österreich fließen, haben die Bundeshauptstadt zum Ziel. ju

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2010)

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