Trotz negativer Entwicklung auf dem österreichischen Arbeitsmarkt, ist der IT-Fachkräftemangel auch in der Coronakrise weiterhin groß. Der Fachverband Ubit fordert schnellen Breitbandausbau und Vermittlung digitaler Grundkompetenzen in Schulen.
In der heimischen Wirtschaft fehlt es seit jeher an hochqualifizierten IT-Fachkräften, bemängelt Alfred Harl, Obmann des Fachverbands für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (Ubit), am Donnerstag. Die Corona-Krise hat die Situation abermals verschärft und Schwachstellen im schulischen Bereich aufgezeigt.
Einer Studie aus 2019 zufolge fehlt es an 24.000 Fachkräften. Besonders im Bereich der Software-Entwicklung sei die Lage prekär. 6300 Fachkräfte werden hier derzeit gesucht. Diese Lücke bringe Wettbewerbsnachteile und führe zu Kaufkraftabfluss. Das sei standortgefährdend, meint Harl.
Diesen Gap zu schließen ist eine bedeutende Aufgabe. Dazu fehlen dem Land aber die notwendigen IT-Fachkräfte, mit einem jährlichen Wertschöpfungsverlust von 3,8 Milliarden Euro, schätzt der Obmann. Derzeit sei davon auszugehen, dass diese Zahl jährlich um 1000 steigen werde. Dabei könne nicht mehr ein einzelner Bereich als besonders gefragt erfasst werden: "Jeder Bereich ist gut und wichtig", betont Harl.
Österreich bildet Schlusslicht im Ländervergleich
Die Forderungen sind nicht neu. Seit Jahren beobachtet der Fachverband diesen negativen Trend.
Gründe dafür sieht der Fachverband vor allem durch fehlende technische Ausbildung. Selbst im HTL- und Lehrbereich seien Mängel festzustellen. Besonders aber im Sekundärbereich gäbe es dringenden Aufholbereich. Nicht einmal technische Grundkompetenzen werden hier ausreichend vermittelt, erklärt Martin Zandonella, IT-Berufsgruppensprecher bei Ubit. Im Bereich der Lehre sei in den vergangenen zwei Jahren bereits viel passiert. Aber besonders im Sekundärbereich müssten Lehrpläne an die neuen Bedingungen angepasst werden. Es brauche nicht zwingend mehr Informatikunterricht, dieser könne auch in anderen Fächern mitvermittelt werden, einer der Vorschläge des Fachverbands. Man sei sich aber auch bewusst, dass hierzu die Ausbildung des Lehrpersonals ein großes Thema sei.
Zudem sei bei der IT-Ausbildung im universitären Bereich ein klares Ost-West-Gefälle zu erkennen. Besonders in Wien und Niederösterreich sei das Angebot groß, hingegen in den östlichen Bundesländern verschwindend gering.
Es müssen Grundkompetenzen vermittelt werden, ansonsten werden wir in Zukunft mit einer Masse an digitalen Analphabeten konfrontiert sein. Bereits jetzt zeige sich im Ländervergleich, dass Österreich droht abzurutschen.
Alle Länder hätten so ihre Probleme, aber besonders Österreich und Tschechien bilden bei der Rekrutierung von IT-Fachkräften das Schlusslicht.
„Kupfer bringt die Leistung nicht“
Zwar bringe die Corona-Krise einen Digitalisierungsschub, aber ohne ausreichend Experten könne dieses Potenzial keinesfalls ausgeschöpft werden. Im Vorjahr, so Harl, wurden 47 Prozent der Technologie-Investitionen in Datenschutz und IT-Sicherheit investiert. Das liege auch daran, dass 86 Prozent der heimischen Unternehmen auf Home-Office umgestellt haben. Auch hier sehe man dringenden Handlungsbedarf. Arbeitszeitmodelle müssen auf das heute und morgen angepasst werden.
Eine weitere Baustelle ist die IT-Infrastruktur. Hier sieht Harl eine deutliche Benachteilung ländlicher Gebiete. Besonders in Zeiten von Home-Office, Distance-Learning und den damit in beiden Fällen einhergehenden Videokonferenzen sei rascher Ausbau dringend benötigt. Große Hoffnung legt er dabei auf Glasfaser: "Kupfer bringt die Leistung nicht und Glasfaser hat den Vorteil, dass es nicht strahlt. Wir fordern hier einen Investitionsplan und einen zügigen Ausbau hin zu den Unternehmen und den Haushalten." Dass Glasfaser nicht so stark gefragt sei, wie Ministerin Elisabeth Köstinger bei der Vorstellung des Breitbandatlas erklärte, könne er nicht bestätigen.