Berlakovich: "Ohne Steuerung geht es nicht"

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Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich im Gespräch mit der "Presse am Sonntag" über Subventionen und offene Märkte. Agrarförderungen sollen weiterhin auch an kleine Landwirte ausbezahlt werden.

Die Liste der größten österreichischen Förderungsempfänger wird von drei Unternehmen angeführt, die ihre Einkünfte der Zuckermarktordnung verdanken. Allein der Fruchtsafterzeuger Rauch bekam 2009 mehr als sieben Mio. Euro dafür, dass er europäischen Zucker verwendet. Ist das wirklich im Sinne des Erfinders?

Nikolaus Berlakovich: Diese Exporterstattungen für die verarbeitende Industrie laufen jetzt ohnehin aus. Durch die Reform der Zuckermarktordnung mussten die Bauern schon eine Reduktion der Preise hinnehmen, und wir haben in dem Bereich auch Arbeitsplätze verloren. Aber ganz ohne Marktsteuerung wird es auch in Zukunft nicht gehen.

Im viel diskutierten „Schwarzbuch Landwirtschaft“ ist von insgesamt 370 Mio. Euro die Rede, die zwischen 2006 und 2009 allein in die österreichische Zuckerförderung geflossen sein sollen. Halten Sie das für angemessen?

Ich hab das Buch nicht gelesen. Ich weiß nur, dass darin überhaupt nichts Neues steht. Außerdem wehre ich mich gegen diesen Versuch, ein ganzes System zu skandalisieren. Das Geld wird in der Landwirtschaft korrekt verwendet. Es sichert Arbeitsplätze, und es dient auch der Erhaltung der Kulturlandschaft.

Der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler, ein Parteikollege von Ihnen, hat angeregt, Agrarförderungen künftig nur noch an Vollerwerbsbauern auszuzahlen. Was halten Sie von dem Vorschlag?

Dem kann ich nichts abgewinnen. Es ist ja bekannt, dass unter den Nebenerwerbsbauern besonders viele kleine Landwirte sind. Die würden damit benachteiligt.

Es sind aber auch Millionäre darunter, die Landwirtschaft nur als Hobby betreiben.

Die bekommen das Geld, weil sie an unserem Umweltprogramm „Öpul“ teilnehmen. Das hat bewirkt, dass 90 Prozent der österreichischen Agrarfläche umweltfreundlich bewirtschaftet werden.

Trotz aller Förderungen geben viele Kleinbauern auf. Offenbar wird das Geld falsch investiert.

Den Strukturwandel gibt es schon länger, und es wird ihn auch weiterhin geben. Ohne die Agrarprämien hätten viele Kleinbauern schon viel früher aufgehört. Österreich hat sich in Brüssel immer für Obergrenzen bei den Förderungen eingesetzt, damit nicht zu viel Geld bei den ganz Großen landet. Das ist leider seinerzeit an den Sozialdemokraten Tony Blair und Gerhard Schröder gescheitert. Aber wir werden das weiter verfolgen.

Der Anbau von Tabak in Europa wurde aufgegeben, als er nicht mehr gefördert wurde. Wird es bei den Zuckerrüben irgendwann auch so sein?

Das hielte ich für fatal. Wir brauchen in Europa eine Mindestversorgung mit Lebensmitteln. Zuckerrohr aus gerodeten südamerikanischen Urwäldern kann nicht die Zukunft sein. Es ist prinzipiell in Ordnung, wenn Europa seine Märkte öffnet. Aber ich finde, dass in den Verhandlungen mit der WTO auch über Umwelt- und Sozialstandards in anderen Erzeugerländern gesprochen werden muss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2010)

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