Morgenglosse

Warum die CDU auch nach der Chefwahl nicht zur Ruhe kommen wird

Laschet, Röttgen, Merz
Laschet, Röttgen, Merz(c) APA/AFP/MICHAEL KAPPELER (MICHAEL KAPPELER)
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Die CDU wählt ihren neuen Chef. Aber der große Preis ist nicht der Parteivorsitz, sondern die Kanzlerkandidatur.

Nach elf Monaten internem Wahlkampf kürt die CDU am Samstag via Digitalparteitag ihren neuen Chef. Noch gibt es keine Aufbruchsstimmung, eher schon Ermüdungserscheinungen. Doch zur Ruhe kommt die CDU wohl noch länger nicht. Egal, ob der neue Chef Friedrich Merz, Armin Laschet oder Norbert Röttgen heißt.

Zumindest die Kandidaten Merz und Laschet schielen aufs Kanzleramt. Der Parteivorsitz ist für sie, Hand aufs Herz, nur Mittel zum Zweck. So besehen schafft der Parteitag nur Klarheit, wer nicht Kanzlerkandidat wird. Die beiden Verlierer der Vorsitzenden-Wahl sind aus dem Rennen. Einen Automatismus, wonach der nächste CDU-Chef auch als Kanzlerkandidat von CDU/CSU antreten darf, gibt es aber nicht. Auch wenn es historisch die Regel war. Aber die CSU hat ein Wörtchen mitzureden. Entschieden wird im Frühjahr. Bis dahin herrscht wohl Unruhe.

Natürlich, falls Laschet die Nase vorne hat, braucht es schon Fantasie um sich auszumalen, wie er als Kanzlerkandidat noch verhindert werden könnte, ohne dabei die Partei als Ganzes zu beschädigen.  Laschet führt als Ministerpräsident das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen an. Zu seinen Unterstützern zählen andere einflussreiche Länderchefs wie Volker Bouffier. Aber die Umfragewerte des Merkel-Vertrauten sind schlecht, färbt das auf die CDU ab, ist nichts undenkbar. Die Feuertaufe für den nächsten Chef findet ohnehin erst am 14. März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz statt. Falls die Landtagswahlen dort krachend velroren gehen, wird in CDU  und CSU jedes Szenario gewälzt werden.

Sollte die CDU am Samstag Merz zum Chef krönen, könnten die Machtkämpfe noch heftiger ausfallen. Das Merkel-Umfeld wird wohl Wege sondieren, um ihren alten Rivalen als Nachfolger im Kanzleramt zu verhindern, der vor einigen Monaten mit einem Rundumschlag gegen das CDU-“Establishment“ irritiert hat.

Auch deutsche Medien werden beständig für Unruhe sorgen. Sie werden mit den Zahlen wedeln, wonach sich die Mehrheit der Deutschen CSU-Chef Markus Söder als Kanzlerkandidat wünscht und nicht Laschet, nicht Merz, nicht Röttgen. Dass der Bayer das gemachte Nest in München verlässt und sich in einer Umbruchsphase ins Kanzleramt wagt, ist zwar eher unwahrscheinlich. Aber auch nicht völlig ausgeschlossen.

Und CDU-Parteigranden wie Wolfgang Schäuble und Fraktionschef Ralph Brinkhaus stellen das ungeschriebene Gesetz infrage, wonach der Kanzlerkandidat Parteichef von CDU oder CSU sein muss. Die Junge Union trommelt bereits implizit für Jens Spahn, den  Gesundheitsminister, der im Team von Armin Laschet spielt. Spahn hatte mit seiner Unterstützung für Laschet an einer großen Erzählung gestrickt: Der junge Hoffnungsträger reiht sich ein. Er, der Konservative, unterstützt, Laschet den Liberalen. Ein Dienst an der gespaltenen Partei. Das war die Botschaft. Doch nun kratzen Berichte, wonach der populäre Spahn hinter Laschers Rücken seine eigenen Chancen auf die Kanzlerkandidatur sondierte, am Image des bescheiden gewordenen CDU-Versöhners. Falls Spahn Ambitionen hegt, wird er sie nun öffentlich auf Eis legen. Leiser treten. Die Frage ist: wie lange?

Die CDU zeichnet eine eisernen Disziplin aus. „Kanzlerwahlverein“ nennen sie Spötter. Aber diese Disziplin wird auf die Probe gestellt wie nie zuvor in diesem Ausnahmejahr, in dem zum ersten Mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte der amtierende Kanzler nicht mehr antritt. Den Christdemokraten stehen unruhige Zeiten bevor.

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