Umfrage: Mehrheit findet Sarrazin-"Denkanstöße" berechtigt

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Umfrage Mehrheit sieht SarrazinDenkanstoesse(c) EPA (MARCUS BRANDT)
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Eine Umfrage bestätigt, dass der Autor einen Nerv getroffen hat. Ein Fünftel der Deutschen würden eine "Sarrazin-Partei" wählen. Wie jetzt bekannt wurde, war die Bundesbank vorab über Sarrazins Buch informiert.

Die Mehrheit der Deutschen ist der Meinung, dass der Bundesbanker und Buchautor Thilo Sarrazin mit seinen Äußerungen über Migranten berechtigte Denkanstöße gibt. Das ergibt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im Auftrag des Nachrichtenmagazins "Focus", bei der 62 Prozent der Befragten dieser Äußerung zustimmten. 27 Prozent antworteten mit "Nein". Eine weitere Umfrage desselben Instituts zeigt, dass viele Deutschen eine "Sarrazin-Partei" wählen würden.

Mehrheit gegen Parteiausschluss

Fast die Hälfte der Deutschen, 49 Prozent, sind aber mit der Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel an Sarrazins umstrittenen Thesen einverstanden. 37 Prozent halten die Kritik für nicht berechtigt. Mit einem Ausschluss Sarrazins aus der SPD in Berlin sind nur 36 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre einverstanden. 52 Prozent sind dagegen. Bei SPD-Anhängern ist die Meinung umgekehrt: 48 Prozent sind für einen Ausschluss, 42 Prozent dagegen.

Bundesbank vorab über Buch informiert

Wie ebenfalls bekannt wurde, hat Sarrazin laut einem Zeitungsbericht seine Bundesbank- Vorstandskollegen im Voraus über sein umstrittenes Buch über die deutsche Einwanderungs- und Integrationspolitik informiert. Sarrazin habe den gesamten Vorstand am 16. August schriftlich über die geplante Veröffentlichung seines Buches "Deutschland schafft sich ab" in Kenntnis gesetzt, berichtete die "Bild am Sonntag". Allerdings habe weder Bundesbank-Präsident Axel Weber noch ein anderes Vorstandsmitglied darauf reagiert und sich nach dem Inhalt des Buches erkundigt.

Wulff weist Schauprozess-Vorwurf zurück

Sarrazin, für dessen Abberufung sich der Bundesbank-Vorstand am vergangenen Donnerstag ausgesprochen hatte, wollte am Montag laut "BamS" seinen Dienst in der Frankfurter Zentrale der Bundesbank versehen. Schließlich werde der Antrag auf Sarrazins Abberufung erst rechtsgültig, wenn Bundespräsident Christian Wulff diesen unterschrieben habe. Dieser ließ gleichzeitig Sarrazins Vorwürfe, man würde ihm einen Schauprozess machen, entschieden zurückweisen. "Das Verfahren wird selbstverständlich und ausschließlich nach Recht und Gesetz durchgeführt," sagte Wulffs Sprecher Olaf Gläseker.

Ein Fünftel würde Sarrazin-Partei wählen

Die von Sarrazin angefachte Integrationsdebatte lässt nach einer anderen Umfrage Sympathien der Deutschen für eine bürgerliche Protestpartei zu Tage treten. Wie eine repräsentative TNS Emnid-Umfrage für die "Bild am Sonntag" ergab, würde fast jeder fünfte Deutsche (18 Prozent) eine neue Partei wählen, wenn ihr Chef der Integrationskritiker Sarrazin wäre. Besonders viel Zuspruch bekäme eine Sarrazin-Partei demnach bei Anhängern der Linkspartei (29 Prozent). Auch 17 Prozent der Unionswähler würden eine solche Formation wählen. Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner sagte, für diese Befragten sei Sarrazin jemand, "der endlich ausspricht, was viele denken".

(Ag.)

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