Regierungskrise

Misstrauensantrag gegen slowenische Regierung eingebracht

August 31, 2020, Bled, Slovenia: Slovenian Prime Minister Janez Jansa arrives at the 15th Bled Strategic Forum..Europea
August 31, 2020, Bled, Slovenia: Slovenian Prime Minister Janez Jansa arrives at the 15th Bled Strategic Forum..Europeaimago images/ZUMA Wire
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Ex-Außenminister Erjavec könnte dem rechtskonservativen Premier Janez Janša nachfolgen, der in letzter Zeit als Trump-Unterstützer und Alliierter von Ungarns Viktor Orbán für Diskussionen gesorgt hatte.

Gegen den slowenischen Ministerpräsidenten, Janez Janša, ist am Freitag ein Misstrauensantrag im Parlament eingebracht worden. Der rechtskonservative 62-Jährige soll nach dem Willen der linksgerichteten Opposition durch den früheren Außenminister, Karl Erjavec (60), ersetzt werden. Der Antrag trägt die Unterschriften von 42 der 90 Abgeordneten, die sogenannte "Koalition des Verfassungsbogens" (KUL) hofft aber bei der geheimen Abstimmung am Mittwoch auf Überläufer aus der Regierungskoalition.

Janša wird Missmanagement in der Coronakrise vorgeworfen, vor allem aber Übergriffe auf den Rechtsstaat, Medien und politische Gegner. International für Aufsehen sorgte der Chef der konservativen "Demokratischen Partei" (SDS) mit Unterstützungs-Tweets für den abgewählten US-Präsidenten Donald Trump samt Verbreitung von dessen Fake News zum Wahlausgang.

Erjavec zeigte sich bei einer Pressekonferenz mit Chefs von Oppositionsparteien am Freitagnachmittag vom Erfolg seines Vorstoßes überzeugt. Er ist seit Dezember der neue Chef der Demokratischen Pensionistenpartei (DeSUS), die allerdings bis dahin Teil der Regierungskoalition war und nur fünf der 90 Sitze im Parlament stellt.

„Abnormalisierung Sloweniens"

Er begründete seine Kandidatur damit, die "Abnormalisierung" Sloweniens unter Janša zu stoppen. Die internationale Position des Landes sei komplett anders als in den drei Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit von Jugoslawien: "Unsere Partner sind Länder, die Probleme mit dem Rechtsstaat haben, wir haben uns von Kerneuropa entfernt", sagte er in Anspielung auf das Naheverhältnis Jansas auch zum ungarischen Premier, Viktor Orbán. "Die Politik der aktuellen Regierung ist die Zerstörung des Landes", so Erjavec.

Clemens Fabry

In Slowenien sind Regierungschefs durch das Erfordernis eines "konstruktiven Misstrauensvotums" vor einer Abwahl geschützt. Wie in Deutschland kann ein Premier nur gestürzt werden, wenn das Parlament sich mit absoluter Mehrheit hinter einen genannten neuen Regierungschefs stellt. Auf diese Mehrheit fehlen Erjavec aber noch etwa vier Stimmen. Auch einer seiner DeSUS-Abgeordneten verweigerte ihm die Gefolgschaft und begründete dies damit, dass seine Partei bis vor kurzem das Gesundheitsministerium stellte und er somit nicht der eigenen Coronapolitik das Misstrauen aussprechen könne.

Auch die anderen Parteichefs appellierten an das Gewissen jedes einzelnen Parlamentariers, den bisherigen Kurs umzudrehen. "Am Tag der Abstimmung wird sich herausstellen, wer sich für ein normales Land einsetzt", sagte Ex-Premier Marjan Šarec. Es gehe auch darum, dass Slowenien im zweiten Halbjahr den EU-Ratsvorsitz führen, "für den wir uns nicht schämen müssen".

Unerwähnt ließ der Anti-Establishment-Politiker freilich, dass er mit seinem Rücktritt im Jänner 2020 das Comeback Janšas erst ermöglicht hatte. Šarec (43), ein Journalist, Schauspieler und Komödiant, wollte damals vorgezogene Neuwahlen erzwingen, bewirkte aber einen Seitenwechsel der Koalitionspartner SMC (Mitte-links) und DeSUS.

Urgestein der slowenischen Politik

Janša Janša war 1989 an der Gründung der ersten wichtigen slowenischen Oppositionspartei, der Slowenischen Demokratischen Union (SDZ), beteiligt. Nach dem Sieg der Wahlplattform DEMOS bei den ersten freien Wahlen 1990 wurde er Verteidigungsminister und befehligte die slowenische Truppen während des Unabhängigkeitskrieges mit Jugoslawien 1991. Schon von 2004 bis 2008 sowie 2012 bis 2013 war er an der Spitze der SDS Premierminister des Zwei-Millionen-Landes gewesen.

Die Chefin der Sozialdemokraten, Tanja Fajon, äußerte indes ihre Sorge, dass man sich in eineinhalb Jahren in einem Land wiederfinden könnte, "in dem man Angst hat". Linke-Chef Luka Mesec warnte, dass es in Slowenien zu Zuständen wie in den USA kommen könnte. Jansa habe Trump kopiert und werde das weiterhin machen.

Korruptionsproblem

Erjavec hatte übrigens die DeSUS-Führung übernommen, nachdem seine Vorgängerin Aleksandra Pivec, die auch Landwirtschaftsministerin gewesen war, über eine Korruptionsaffäre gestolpert war. Erjavec führte DeSUS dann umgehend aus der Regierung.

(APA)

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