Die CDU schwebt im Umfragehoch. Sie ist die letzte deutsche Volkspartei. Ein Koloss. Alles gut bei den Christdemokraten also? Eher nicht. Zuletzt häuften sich die Querelen – und die Wähler trauen den Kandidaten für den Parteivorsitz das Kanzleramt nicht zu.
Berlin. Wenn die CDU heute eine Premiere wagt, wenn sie ihren ersten Digitalparteitag abhält, dann wird auch Sebastian Kurz auf den Monitoren der Delegierten auftauchen. Zur Mittagsstunde spricht der 17. ÖVP-Chef seit 1945 ein Grußwort an diesem historischen Tag, an dem die CDU den erst neunten Chef ihrer Nachkriegsgeschichte wählt. Was schon viel über diese deutsche Partei erzählt, über ihre Disziplin und auch ihre Macht.
Die CDU ist ein Koloss. Zusammengezählt ein halbes Jahrhundert lang, 53 von 71 Jahren seit 1949, sitzt sie schon im Kanzleramt, während sich die ÖVP-Schwester mit 34 Jahren seit 1945 begnügen muss. Die CDU zählt mehr Mitglieder als Vorarlberg Einwohner (aber weniger als die ÖVP). Sie hat die Pflöcke eingeschlagen, die Deutschland tragen. Nato-Betritt, europäische Einigung, später Wiedervereinigung nur zum Beispiel. Und während jenseits der Grenzen die Schwesterparteien schrumpften, sich neu erfanden oder umfärbten, hat die CDU ihren Status als traditionelle Volkspartei gewahrt. Einerseits.