Die CDU kürt auf ihrem Digitalparteitag Nordrheins-Westfalens Ministerpräsidenten, Armin Laschet, zum neuen Chef und damit zum Favoriten auf Angela Merkels Erbe. Die Partei folgt damit einem alten Wahlkampfslogan: keine Experimente.
Am Samstag um 11.28 Uhr formen zwei Männer die Faust in einer leeren Halle im Westen Berlins. Dann klatschen sie ab. Also sie stoßen ihre Fäuste zusammen, wie man das in Coronazeiten tut. Die eine Faust gehört Friedrich Merz. Seit ein paar Sekunden weiß er, dass er niemals CDU-Chef und wohl auch niemals Kanzler wird. Um 11.28 Uhr zerplatzt in einer Berliner Halle der Lebenstraum des Friedrich Merz. Die andere Faust gehört Armin Laschet, dem Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens (NRW) und dem künftigen Parteichef. Um 11.28 Uhr beginnt die Ära Laschet in der CDU, der wohl mächtigsten Partei Europas. Aus Laschets Gesicht weicht jetzt die Anspannung, während ihm Merz die Faust hinhält.
Man sieht das ja nicht auf einem Digitalparteitag, aber das Ergebnis hat wohl auch der Kanzlerin ein Lächeln ins Gesicht gezaubert: Der liberale Merkel-Vertraute Laschet, der auch in der Flüchtlingskrise nicht von ihrer Seite gewichen ist und ihren „Kurs der Mitte“ fortsetzen will, hat gegen den eher konservativen Merkel-Rivalen Merz gewonnen, wenn auch nur knapp. In der Stichwahl um den CDU-Vorsitz votierten 521 Delegierte für Laschet, 466 für Merz. Norbert Röttgen war schon davor ausgeschieden.
Der Digitalparteitag galt als Wundertüte und als Herausforderung für die CDU, die vor nicht allzu langer Zeit in einem YouTube-Video („Die Zerstörung der CDU“) vorgeführt wurde und darauf keine zeitgemäße Antwort fand, woraufhin Spötter ein altes Merkel-Zitat hervorkramten: „Das Internet ist für uns alle Neuland.“