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LG Wing: Bonuspunkte für ein mutiges Konzept

Das LG Wing ist spannend. Aber reicht das, um sich abzuheben?
Das LG Wing ist spannend. Aber reicht das, um sich abzuheben?LG
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Nach jahrelangem Smartphone-Einheitsbrei kommt Bewegung in den Markt. Mit dem LG Wing lassen die Koreaner einmal mehr mit einer spannenden Idee aufhorchen.

So erfolgreich LG bei den OLED-Fernsehern auch ist, bei den Smartphones grundelt man im einstelligen Marktanteilsbereich. Der Erfolg will sich einfach nicht einstellen. Dabei mangelt es nicht an innovativen neuen Konzepten. Immerhin waren die Südkoreaner die Ersten mit einem Smartphone, das an der Frontseite keinen physischen Knopf mehr hatte (G2) oder ein hochauflösendes QHD-Display (G3) hatte. Selbst bei den flexiblen Displays waren sie unter den Ersten. Man erinnere sich nur an die Banane, das LG G Flex. Zu Kassenschlagern wurden sie aber alle nicht. Ein ähnlich unverdientes Schicksal droht dem neuesten Wurf.

Klappen und falten steht auf der nächsten Stufe der Smartphone-Entwicklung. Zumindest wenn es nach der Konkurrenz geht. Doch LG geht einen anderen Weg.

Der coole Außenseiter. Das LG Wing sieht auf den ersten Blick wie ein herkömmliches Smartphone aus. Eines, dem die Feiertage um die Hüfte ein wenig zugesetzt haben. Das 269 Gramm große Device ist auch vielschichtiger als andere. Mit einem Schwung entpuppt es sein Zweitdisplay. Das T-Format, das dadurch entsteht, mutet merkwürdig an. Auch die Haltung will damit geübt sein.

Doch der Nutzen zeigt sich spätestens bei der ersten Autofahrt. Vorausgesetzt, man besitzt eine drehbare Halterung. Der Vorteil von Smartphones ist ja, dass sie mehr als ein Telefon sind. Eben auch ein Navi. Doch wer kennt es nicht? Man fährt, verlässt sich auf das Navi, und in dem Moment, in dem man die richtige Ausfahrt erwischen muss, läutet das Telefon und die Sicht auf Maps ist völlig verstellt. Mit dem LG Wing wandert die Telefon-App auf den zusätzlichen Bildschirm, während das Navi völlig unberührt bleibt.

Das ist aber nicht der einzige Einsatzzweck, auch wenn die Möglichkeiten mit dieser etwas einseitigen 90-Grad-Drehung begrenzt sind. LG zeigt, wie angenehm die parallele Nutzung von zwei Apps auf einem Smartphone tatsächlich sein kann. Denn abgesehen vom Z Fold 2 von Samsung wird der Platz selbst bei Geräten jenseits der Sechs-Zoll-Marke knapp.

Außerdem können häufig genutzte App-Kombinationen (E-Mail/Kalender, YouTube/Browser u. v. m.) als Verknüpfung auf den Startbildschirm abgelegt werden. Und weil sich LG auch an Gaming-Affine richtet, gibt es noch ein drittes Anwendungsszenario, bei dem die Bedienelemente auf den kleinen zusätzlichen Bildschirm ausgelagert werden.

Nettes Gimmick: Ausgeklappt startet die Kamera im Gimbal-Modus. Dieser Schwing-Kipp-Modus funktioniert durch einen in der Kamera verbauten Sensor. Hierbei wird ein Ausschnitt des Zwölf-Megapixel-Sensors genommen und mithilfe des Joysticks, der auf dem kleineren Bildschirm erscheint, bewegt.

Und sonst so? Das LG Wing ist bezüglich der Ausstattung im unteren Bereich der Topmodelle. Gespart wurde lediglich am Akku. Der ist mit einer Kapazität von 4000 mAh grenzwertig. An der Leistung (Snapdragon-CPU, 8 GB RAM) und der Triple-Kamera gibt es nichts zu meckern. Lediglich beim Wechsel in den T-Modus ruckelt's. Sonst läuft alles sehr stabil – auch bei grafisch intensiven Anwendungen. Wirklich ärgerlich ist aber die Anzahl an vorinstallierten Apps. Knapp 30 der 128 Gigabyte beansprucht LG für sich.

LG veranschlagt für das Wing einen Preis von 1099 Euro. Das Konzept ist toll, die Ausführung gut und ein niedriger Preis hätte mit Sicherheit eine größere Zielgruppe angesprochen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2021)

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