Unterwegs

Schaumwein im russischen Süden

Schaumwein-Herstellung in Abrau-Durso an der südrussischen Schwarzmeerküste
Schaumwein-Herstellung in Abrau-Durso an der südrussischen Schwarzmeerküste(c) imago images / ITAR-TASS (Dmitry Feoktistov via www.imago-images.de)
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Das französisch inspirierte Urlaubsresort des Geschäftsmanns Boris Titow lässt zaristische Traditionen aufleben.

Champagner und Russland – das mag zunächst nach einer ungewöhnlichen Kombination klingen. Ist es aber nicht. Zaristische Militärs lernten während des Kriegs gegen Napoleon den Schaumwein kennen und lieben. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ließ das Zarenhaus im Süden des Reiches Weingüter gründen, um die eigene Produktion anzukurbeln. Aus der Ära stammen die Kellereien Nowij Swjet und Massandra auf der Krim und eben die Schaumwein-Herstellung in Abrau-Durso an der südrussischen Schwarzmeerküste, die im Vorjahr ihr 150-Jahr-Jubiläum feierte.

Die Russische Revolution setzte der von französischen Experten begleiteten Weinkultur ein Ende. Später kurbelte Stalin die Produktion wieder an, nicht ohne den „Sowjetskoje Schampanskoje“ reichlich mit Zucker zu versetzen.

„Aus einem Getränk für Millionäre wurde ein Trunk für Millionen“, so drückte es griffig die Frau aus, die mich unlängst durch die eindrucksvollen gemauerten Keller von Abrau-Durso führte. Dort stellt man heute den bekanntesten russischen Perlwein her. Auch die Champagner-Methode wird – abermals unter Kontrolle französischer Önologen – wieder angewendet. Statt süßen Sprudels reicht man heute lieber herben Extra Brut. Die Kellerei ist im Besitz des Geschäftsmanns Boris Titow, der nicht nur das Weingut erworben hat, sondern Herr des halben Dorfs ist – ihm gehören Hotels, Restaurants, ein Jachtklub, der Meerzugang. Alles bis ins kleinste Detail durchdesignt im französischen Stil. Abrau ist ganz Vision seines Besitzers, ein auf sonderbare Weise ebenso artifizieller wie authentischer Ort.

jutta.sommerbauer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2021)

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