Lob und Kritik

"Vernunft" bis "bittere Pille": Reaktionen auf längeren Lockdown

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-WagnerAPA/ROLAND SCHLAGER
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SPÖ-Chefin Rendi-Wagner begrüßt die verlängerten Corona-Maßnahmen. Wirtschaftskammer und Hoteliervereinigung fordern einen weiteren Umsatzersatz.

Die Opposition hat auf die von der Regierung am Sonntag angekündigte Verlängerung des Lockdowns erwartungsgemäß unterschiedlich reagiert: So tragen SPÖ und Neos die Maßnahmen mit. Beide Parteien kritisierten aber auch das Tempo der Regierung bei der Impfstrategie. Die Freiheitlichen zeigten sich generell "enttäuscht" und "wütend" über die neuen Maßnahmen.

SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner war über die Verlängerung des Lockdowns nicht überrascht: "Die Infektionszahlen sind zu hoch, die Mutationen ein heftiger Beschleuniger der Virusausbreitung", schreibt sie in einer Aussendung. Volles Tempo beim Impfen sei ein Muss: "Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit."

Gleichzeitig forderte die SPÖ-Chefin "endlich" eine starke Unterstützung des Staats für Unternehmen und Arbeitnehmer: "Es darf keine Pandemie der Armut entstehen."

Neos tragen längeren Lockdown „aus Vernunft“ mit

Einen Neustart im Krisenmanagement - vor allem in der Kommunikation - forderte Neos-Obfrau Beate Meinl-Reisinger. Zudem brauche es endlich wieder einen Dialog mit dem Parlament, was Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einem Telefonat auch zugesagt habe. Grundsätzlich tragen die Neos laut Meinl-Reisinger den Schritt der Lockdown-Verlängerung mit - allein aus "Vernunft". Oberste Priorität beim behutsamen Öffnen müssten die Schulen haben.

Kritik der Neos gilt vor allem der Impfstrategie der Regierung. Es gehe schlicht zu langsam, was einem Systemversagen des Verwaltungsapparats geschuldet sei. Ob es sich dabei um einen "Game Changer" handelt, ließ Meinl-Reisinger im Raum stehen. Durch die weite ansteckendere Mutation habe das Virus nämlich deutlich bessere Karten in die Hand bekommen.

FPÖ kritisiert Anschobers Krisenmanagement

Keinen schönen Sonntag für Österreich sah FPÖ-Chef Norbert Hofer in einer Pressekonferenz. Experten solle man durchaus anhören, allerdings auch "alle Experten", sagte er mit Verweis auf die sozialen Auswirkungen des Lockdowns. Viele Menschen hielten sich schlicht nicht mehr an die Maßnahmen und wichen in den privaten Raum aus.

Die Verpflichtung zum Tragen von FFP2-Masken ist Hofer zwar recht, dies aber nur, "wenn man gleichzeitig im öffentlichen Raum sein kann". Verteidigende Worte gab es für die Teilnehmer an einer Demonstration von Gegnern der Maßnahmen am Samstag. Es handle sich dabei nicht nur um "lauter Rechtsextreme, Idioten, Spinner und Verschwörungstheoretiker", sondern auch um "besorgte Bürger".

Zum Wiederaufbau nach der Pandemie forderte Hofer erneut die Reaktivierung des Österreich-Konvents. Außerdem müsse die Regierung jemanden zur Bewältigung der Krise nominieren, "der Management-Fähigkeiten mit sich bringt". Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sei zwar ein netter Mensch, "aber wir brauchen jemanden, der einfach in der Lage ist, dieses Ministerium kompetent zu führen".

WKÖ fordert zusätzliche Hilfen für Unternehmen

Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) sprach indes von einer "bitteren Pille". Aber: "Unsere Betriebe und ihre Mitarbeiter haben jetzt eine gemeinsame Perspektive, dass Anfang Februar erste Öffnungsschritte im Handel und bei körpernahen Dienstleistern erfolgen werden", teilte Mahrer mit. Betriebe hätten jetzt die Möglichkeit, sich auf die Öffnung vorzubereiten. Sie bräuchten aber zusätzliche Hilfen - darüber informierte Sonntagnachmittag auch die Bundesregierung. Ein "Jobvernichtungsprogramm mit einem Lockdown bis tief in den März" sei verhindert worden, so Mahrer. Man verfüge auch über Werkzeuge im Kampf gegen die Pandemie. Ein solches sei etwa die gemeinsam von den Sozialpartnern erarbeitete Teststrategie für bestimmte Berufsgruppen.

Angekündigte neue Unternehmenshilfen wie der sogenannte Ausfallsbonus seien aber "wichtige und notwendige Schritte, um die Liquidität aller von der Verlängerung des Lockdowns betroffenen Betriebe zu sichern", so Mahrer (ÖVP).

Die Hilfen müssten "endlich ankommen", forderte Handeslverband-Geschäftsführer Rainer Will. Das gelte sowohl für direkt als auch für indirekt betroffene Firmen. "Die Bundesregierung hat der Bevölkerung zugesichert, dass niemand in dieser Krise zurückgelassen wird. Dieses Versprechen muss jetzt eingelöst werden und die Überlebenshilfe sofort fließen, sonst droht uns heuer ein wirtschaftlicher Kollaps."

Es sei zwar erfreulich dass es nun den sogenannten Ausfallsbonus gebe. "Die Höhe von 30 Prozent der Umsatzausfälle im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt ist für die Branche jedoch ebenso völlig unzureichend wie die Obergrenze von 60.000 Euro, die die Liquiditätssituation der Firmen verkennt", so Will. "Von Bonus kann in Anbetracht der massiven Ausweitung der behördlichen Schließung keine Rede sein." Der "Bonus" sei "nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Deckelung auf nur 60.000 Euro wird bei vielen betroffenen Unternehmen nur einen Bruchteil der tatsächlichen Umsatzverluste im Lockdown abdecken."

Für KMU-Händler wiederum sie die Höhe von maximal 30 Prozent bei weitem zu niedrig angesetzt, so der Handeslverbandsvertreter. Es gehöre "dringend nachgebessert".

Albertina über Nicht-"Eintrittstesten" erleichtert

Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder, seit Jahresbeginn Vorsitzender der BundesmuseendirektorInnenkonferenz, zeigte sich erleichtert, dass den Museen das sogenannte "Eintrittstesten" der Besucher erspart bleibt. Die Museen seien dabei nicht mit Theatern, sondern mit dem Einzelhandel vergleichbar und daher wie dieser zu behandeln. Wie weit die Testpflicht für besuchernahe Dienste gelten werde und wie diese umzusetzen sei, darüber wollen die Direktionen der Museen gemeinsam nach Vorliegen der Verordnungen beraten.

Klar sei, dass die FFP2-Maskenpflicht und der neue Zwei-Meter-Abstand problemlos umzusetzen seien. Dagegen werden Führungen weiterhin nur digital angeboten. Das funktioniere jedoch sehr gut, alleine an diesem Wochenende stünden an der Albertina sieben derartige digitale Angebote zur Verfügung, sagte Schröder, der für 2021 mit noch schlechteren Besucherzahlen als für 2020 rechnet und die dringende Notwendigkeit weiterer Kompensationszahlungen sieht. Die Albertina musste nach Absage einer für die Albertina modern geplanten großen China-Österreich-Ausstellung seitens der chinesischen Partner ihre Ausstellungsvorhaben erneut adaptieren. Während in den USA die Museen das laufende Jahr bereits praktisch abgehakt hätten, ortet der Museumschef bei den europäischen Kollegen für das letzte Quartal eine leichte Entspannung und eine Zunahme von Leihanfragen. "Von Normalität sind wir jedoch weit entfernt", so Schröder.

Lieber wirksamer Lockdown, als nur kurze Öffnung

Christian Dörfler, Obmann des WKÖ-Fachverbands der Kino-, Kultur-und Vergnügungsbetriebe, ist eine Verlängerung des Lockdowns lieber als eine kurze Phase der Öffnung, nach der wieder zugesperrt werden muss. Am schlechtesten für die Kinos wäre ein neuerlicher Lockdown, sagte Dörfler. Seine Branche sei, was die Wiederaufnahme des Betriebs betrifft, außerdem nicht in erster Linie von den Entscheidungen der österreichischen Politik abhängig, sondern von der internationalen Filmwirtschaft. "Solange die wesentlichen Märkte - unabhängig von Österreich - nicht offen sind, haben wir keine Produkte. So lange brauchen wir gar nicht aufsperren", so Dörfler. "Mein Lockdown wird nicht von Österreich verkündet, sondern von den internationalen Studios."

Mit den Hilfsmaßnahmen ist er grundsätzlich zufrieden, wichtig sei, dass die Regierung - sobald die Kinos den Betrieb wieder aufnehmen können - Unterstützung bei einer breit angelegten Marketingkampagne leiste. Von der österreichischen Politik wünscht er sich außerdem, "dass Kino nach dem Lockdown endlich als Kulturgut wahrgenommen wird" und sie "erkennt, dass diese Kultur entsprechend unterstützt werden muss".

(Red./APA)

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