Leitartikel

Zu beneiden ist Joe Biden nicht – das Zeug zum Präsidenten hat er

APA/AFP
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Der 46. US-Präsident tritt sein Amt unter schwierigsten Bedingungen an. Doch es ist ihm und seinem Team zuzutrauen, das Land aus der Krise zu führen.

Eine solche Amtseinführung hat Washington seit den Bürgerkriegswirren vor mehr als 150 Jahren nicht mehr erlebt. Eine Hauptstadt wie ein Kriegsgebiet, abgeriegelt wie die Grüne Zone in Bagdad und bewacht von 25.000 Soldaten der Nationalgarde und Tausenden Polizisten; ein Fahnenwald von Sternenbannern an der Prachtmeile vor dem Kapitol statt Zuschauermassen; und ein Präsident, der sich frühmorgens aus dem Weißen Haus davonstiehlt wie ein Dieb, punziert durch ein zweites Impeachment-Verfahren und geschmäht als Agitator, der sich allen Konventionen eines Machtwechsels verweigert und vor den Augen der Welt als miserabler Verlierer dasteht.

Donald Trump geht, wie er gekommen ist – als Spalter. Er erspart der Nation indessen ein Bild der Heuchelei bei der Inauguration auf dem Kapitol. Der 74-Jährige hinterlässt ein Desaster in der Coronakrise, markiert durch nunmehr 400.000 Tote in den USA, und ein Land in Aufruhr, das noch stärker polarisiert ist als bei seinem Amtsantritt und das er durch die Negierung des Wahlergebnisses in die vielleicht schwerste innenpolitische Krise seit dem Watergate-Skandal gestürzt hat. Von einem „amerikanischen Blutbad“ hat er in seiner düsteren Inaugurationsrede am 20. Jänner 2017 geraunt. Vier Jahre später hat sich diese Zuschreibung als Wirklichkeit manifestiert, als wäre sie als Prophezeiung gemeint gewesen. Täglich starben zuletzt mehr US-Amerikaner am Coronavirus als beim Angriff auf Pearl Harbor oder bei den 9/11-Anschlägen.

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