Regierungskrise

Italiens Premier Conte übersteht zweite Vertrauensabstimmung

Giuseppe Conte nach der Abstimmung.
Giuseppe Conte nach der Abstimmung.
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Die italienische Regierung hat die zweite Machtprobe binnen zweier Tage mit Mühe geschafft. Entspannt in die Zukunft blicken kann Conte trotzdem nicht. Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte ihm vor der Abstimmung den Rücken gestärkt.

Der italienische Regierungschef Giuseppe Conte hat am Dienstagabend eine heikle Vertrauensabstimmung im Senat überstanden, allerdings mit einer durchaus dünnen Mehrheit, die Schatten auf seine politische Zukunft wirft. Der 56-jährige Premierminister behauptete sich mit 156 Ja-Stimmen und 140 Gegenstimmen. Wie stabil die Regierung künftig sein wird, ist ungewiss.

16 Senatoren aus den Reihen der bisherigen Regierungspartei Italia Viva enthielten sich der Stimme. Italia Viva um Expremier Matteo Renzi war vergangene Woche aus dem Regierungsbündnis ausgetreten. Unklarheiten bei den Wahlprozeduren führten zu einer erheblichen Verspätung bei der Ergebnisverkündung. Lega und die Rechtspartei Fratelli d Italia bekundeten nach der Vertrauensabstimmung, dass sie um ein Gespräch mit Präsidenten Sergio Mattarella bitten wollen. Sie drängen auf vorgezogene Parlamentswahlen.

Der Premier hatte am Montag bereits eine Vertrauensabstimmung in der Abgeordnetenkammer bewältigt, in der seine Koalition über eine breitere Mehrheit verfügt. Conte musste sich dem Vertrauensvotum unterziehen, nachdem seine Koalition wegen des Austritts Italia Vivas aus dem Regierungsbündnis in die Brüche gegangen war. Contes seit September 2019 amtierende Regierung stützte sich bisher auf eine Allianz aus der populistischen Fünf Sterne-Bewegung, der Demokratischen Partei (PD) und Italia Viva.

„Wir müssen das Blatt wenden"

Vor dem Senat hatte Conte am Dienstagvormittag an "die Willigen" anderer Parteien aus dem sogenannten pro-europäischen Lager appelliert, seine Regierung zu unterstützen.. Dabei bezog er sich ausdrücklich auf "europa-, liberalorientierte und sozialistische Kräfte". In dieser Phase der Pandemie könne sich Italien keine Regierungskrise erlauben, argumentierte Conte. Er schloss die Möglichkeit einer Fortsetzung der Allianz mit der Renzi-Partei aus. "Wir müssen das Blatt wenden. Dieses Land verdient eine geschlossene Regierung", sagte der Premier in seiner über einstündigen Ansprache vor dem Senat, die wiederholt vom Applaus aus den Reihen der PD und der Fünf-Sterne-Bewegung unterbrochen wurde.

In seiner Ansprache hatte Renzi eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Regierung ausgeschlossen. Italien brauche ein stärkeres Kabinett. "Seit Monaten drängen wir zu einer politischen Wende in der Regierung. Wir haben bisher zu viel Geduld gehabt", sagte der Expremier. Er zog eine negative Bilanz der Arbeit des Kabinetts Conte, an dem sich Italia Viva seit ihrer Gründung im Oktober 2019 beteiligt hatte. Italien sei das EU-Land mit dem stärksten Rückgang der Wirtschaftsleistung infolge der Coronavirus-Epidemie. Das Land weise hinzu das negativste Verhältnis zwischen Bevölkerung und Zahl der Corona-Todesopfer vor.

Vor der Abstimmung hatte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Conte den Rücken gestärkt. "Ich kann Italiens interne Angelegenheiten nicht kommentieren. Ich hoffe jedoch auf die größtmögliche Stabilität im Land in dieser schwierigen Phase. Wir müssen die Pandemie gemeinsam bekämpfen", so Kurz im Interview mit den Nachrichten SkyTg24.

Wie es nun mit Conte weitergeht, steht noch offen. Möglich ist, dass der Premier Staatspräsident Mattarella treffen wird, um ihm über die jüngsten politischen Entwicklungen zu berichten. Fraglich ist, wie lang Conte mit einer derart dünnen Mehrheit weiterregieren kann. Der Jurist ist seit Juni 2018 italienische Regierungschef.

(Apa/red.)

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