Unruhen

Tunesiens wütende Jugend revoltiert

In Tunesiens Straßen wird erneut protestiert.
In Tunesiens Straßen wird erneut protestiert.APA/AFP/FETHI BELAID
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Zehn Jahre nach dem Arabischen Frühling kommt es in vielen tunesischen Städten zu Protesten wegen der tristen sozialen Lage.

Durch massiven Einsatz von Polizei, Nationalgarde und Armee versucht Tunesiens Führung, die überall im Land auflodernden nächtlichen Ausschreitungen in den Griff zu bekommen. Seit Tagen ziehen junge Leute trotz Ausgangssperre durch die Straßen, zünden Autoreifen an, plündern Supermärkte, Banken und Postämter. In mindestens 15 Städten kam es zu Straßenschlachten, unter anderem in Armenvierteln von Tunis sowie in den Küstenstädten Sousse, Monastir und Sfax.

Die politische Führung bemüht sich, die Lage zu beruhigen. Präsident Kais Saied traf sich mit Jugendlichen und äußerte Verständnis für deren Ärger, warnte aber vor Chaos. Regierungschef Hichem Mechichi erklärte in einer TV-Ansprache, die Krise sei real, die Wut legitim. „Gewalt hingegen ist nicht akzeptabel, und wir werden dagegen mit aller Kraft des Gesetzes vorgehen.“ Parlamentspräsident Rached Ghannouchi von der islamisch-konservativen Ennahda erklärte, Vandalismus schaffe keine Arbeitsplätze.

Laut Innenministerium wurden bisher mehr als 600 Personen festgenommen. Auf dem Boulevard Habib Bourguiba im Zentrum von Tunis, vor zehn Jahren zentraler Schauplatz des Arabischen Frühlings, forderten Demonstranten die Freilassung der Verhafteten und skandierten: „Das Volk fordert den Sturz des Systems.“

Rückschlag durch Pandemie

Die Frustration über die desolate Lage ist enorm. Mehr als 35 Prozent der Tunesier unter 24 Jahren haben nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) keinen Job. Durch die Pandemie schrumpfte die Wirtschaft 2020 um acht Prozent, der größte Rückschlag seit der Unabhängigkeit 1956. Der Tourismussektor, der im Jahr vor Corona sein bis dahin bestes Ergebnis erzielte, ist stark dezimiert. Er galt stets als Eckpfeiler der tunesischen Wirtschaft.

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