Reisen

Flughafen Wien: „Schlimmste Befürchtungen übertroffen“

Gähnende Leere.
Gähnende Leere.Clemens Fabry
  • Drucken

Der Flughafen Wien wird 2020 den ersten Verlust seiner Geschichte schreiben. Das Passagieraufkommen fiel auf das Niveau von 1994 zurück.

Auf dem Wiener Flughafen war eigentlich alles auf ein absolutes Rekordjahr ausgerichtet. Rund 35 Millionen Passagiere sollten 2020 den Boden im niederösterreichischen Schwechat betreten. Doch dann kam Corona, und „all unsere schlimmsten Befürchtungen wurden um ein Vielfaches übertroffen“, sagt Flughafen-Vorstand Julian Jäger.

Das Passagieraufkommen brach zwischen Jänner und Dezember des vergangenen Jahres um rund 75 Prozent auf 7,8 Millionen ein und fiel damit auf das Niveau von 1994 zurück. Besonders in den Monaten April und Mai (siehe Grafik) kam das Geschäft praktisch zum Erliegen – aufgrund von Reisewarnungen und Einschränkungen im Flugverkehr. Zuletzt waren nur noch rund 5000 Passagiere pro Tag auf dem Flughafen unterwegs. Dabei handelt es sich etwa um Geschäftsreisende, Pendler oder auch Personen, die aus privaten Gründen dringend fliegen müssten, so der Flughafen-Vorstand. Nach wie vor gäbe es in Wien knapp 40 Fluglinien, die rund hundert Destinationen bedienen. Nicht zu vergleichen ist das Geschehen allerdings mit dem Jahr vor der Krise. Am stärksten Reisetag 2019 (Juli) waren auf dem Airport rund 113.000 Passagiere in Bewegung. Damals bedienten 75 Airlines über 200 Ziele.

In Anbetracht der derzeitigen Lage rechnet der Flughafen heuer damit, rund 12,5 Millionen Menschen abfertigen zu können. Wiewohl die ersten sechs Monate herausfordernd bleiben. Auf einen deutlichen Aufschwung hofft man in der zweiten Jahreshälfte – dennoch wird man in diesem Jahr nur rund 40 Prozent des Vorkrisenniveaus erreichen können.

Das wird dazu führen, dass der Flughafen im abgelaufenen Jahr den ersten Verlust seiner Geschichte schreibt. Das Unternehmen erwartet ein Minus von rund 70 Millionen Euro, die genauen Zahlen werden im März präsentiert. Für 2021 peilt man ein Plus von vier Millionen Euro an. Dazu beitragen soll unter anderem eine Kürzung der Investitionen. Auch setzt man bzw. hofft auf eine Verlängerung der Kurzarbeit, in der sich rund 5300 Mitarbeiter bereits seit März 2020 befinden.

Dritte Piste nicht abgesagt

Freilich wird auch das Impfgeschehen Auswirkungen auf das Ergebnis haben. Um die Reisetätigkeit so sicher wie möglich zu machen, spricht sich der Vorstand nicht nur für harmonisierte Reisebeschränkungen, sondern auch für einen digitalen Impfpass und ein globales Übereinkommen aus, da künftig wohl viele Länder bei der Einreise einen Corona-Impfnachweis verlangen werden.

Nach dem Passagiereinbruch 2020 stellte sich natürlich auch die Frage nach der dritten Piste. „Das Projekt dritte Piste ist nicht abgesagt. Wenn man wieder an Kapazitätsgrenzen herankommt, haben wir jederzeit die Möglichkeit, die Vorbereitungen dafür in Angriff zu nehmen“, so Vorstand Günther Ofner. Der Flughafen hatte dazu bisher nur kommuniziert, dass man die Piste frühestens 2030 fertigstellen könne, bei einer Bauzeit von rund sechs Jahren. Wann nun eine Entscheidung darüber getroffen wird, hängt vom Bedarf und der Verkehrslage ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2021)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.