Morgenglosse

Warum denkt niemand an die Kindergärtnerinnen?

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Female educator and four kids looking at picture book mit_2003_01363(c) imago/MITO (imago stock&people)
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Man könnte einmal darüber nachdenken, vor allem die Menschen zu impfen, die ständig Körperkontakt mit Kindern haben: Elementarpädagoginnen und -pädagogen.

Anders als die Schulen sind die meisten Kindergärten im zweiten und dritten Lockdown voll. Welche Rolle Kleinkinder in der Verbreitung des Corona-Virus spielen, ist noch nicht ganz klar. Dass auch sie erkranken können, ist aber unbestritten. Kindergärtnerinnen können sich dabei kaum vor Ansteckung schützen. Händewaschen, Masken tragen, Abstand halten: Zwei dieser drei Verhaltensanweisungen sind in Kindergärten illusorisch. Im Umgang mit ein- bis sechsjährigen Kindern kann man Körperkontakt kaum vermeiden (was den Zweck der Maske konterkariert). Man kann einen weinenden Dreijährigen schlecht mit einer Greifzange trösten.

Corona-bedingt kommen Aufgaben hinzu: In vielen Kindergärten müssen die Kinder schon an der Eingangstür in Empfang genommen und abgeholt werden, das heißt, das Personal muss jedes Kind auch in der Garderobe an- und ausziehen. Die Gruppen sollen auch in den Randzeiten nicht gemischt werden, was zusätzlich zu organisatorischen Herausforderungen führt.

Wie soll man Elementarpädagoginnen also schützen? Während Konzepte für Schulen öffentlich breit diskutiert werden, hört man von den Kindergärten wenig. Am Freitagvormittag demonstrierte das Personal von Kindergärten und Horten vor dem Bildungsministerium unter anderem für eine schnellstmögliche Impfung. „Es scheint so, als würden wir für die Regierung gar nicht existieren“, klagte etwa unlängst eine Kindergärtnerin im ORF. Dabei sind Elementarpädagoginnen und -pädagogen spielentscheidend: Nur durch sie können viele Menschen arbeiten. Home-Office ist nicht möglich, wenn man gleichzeitig Kinder im Kindergartenalter betreuen muss.

Und dann gäbe es natürlich noch die Impfung. Das Kindergarten-Personal fordert, gleichzeitig mit den Lehrern geimpft zu werden. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hat zuletzt erklärt, keine Unterscheidung zwischen Lehrern und Elementarpädagogen zu machen. Bleibt zu hoffen, dass das auch wirklich stimmt.

Für all die Bürgermeister, die Gefahr laufen, in eine „überschüssige“ Impfung zu stolpern, hier ein kleiner Hinweis: Fragen Sie zuerst in den Kindergärten nach. Dort braucht man sie notwendiger.

Mitreden

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2021)

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