Im Streit um Kursverluste bei der früheren Immobilienfirma Meinl European Land verzeichnet die Meinl Bank eine überraschend hohe Rücklaufquote. Man erwartet, dass 90 Prozent der Anleger das Angebot annehmen.
Wien. Noch bis 15.September können sich rund 6000 Investoren der früheren Immobilienfirma Meinl European Land (MEL, jetzt Atrium) entscheiden, ob sie auf ein außergerichtliches Vergleichsangebot der Meinl Bank eingehen. „Aufgrund der Rücklaufquote erwarten wir, dass 90 Prozent der Anleger das Angebot annehmen“, sagt Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl der „Presse“.
Zu den Details äußert er sich nicht. Dem Vernehmen nach ist die Offerte lukrativer als bislang angenommen. Zuletzt hieß es, dass ein Drittel der Kursverluste abgegolten werden. Tatsächlich bekommen manche Investoren mehr Geld. Bei einem Investitionsvolumen von bis zu 10.000 Euro werden 70 Prozent ersetzt, bei bis zu 20.000 Euro sind es 50Prozent, darüber hinaus gibt es 35 Prozent. Seitens der Meinl Bank wird betont, dass es sich dabei um eine freiwillige Maßnahme handelt, um soziale Härtefälle abzumildern. „Diese sozialen Lösungen stellen keine Präjudizierung ausstehender Gerichtsverfahren dar“, so Weinzierl. Dem Vernehmen nach wurde das Institut bislang von rund 12.000 MEL-Investoren geklagt, die einen Schaden von 60 Mio. Euro geltend machen. Der Betrag könnte noch steigen. „Allein bei uns geht es um 240Mio. Euro“, sagt Franz Kallinger, Chef des Prozessfinanzierers AdvoFin.
Troubles mit AdvoFin
Der Vergleich gilt vorerst nur für jene Investoren, die von der Arbeiterkammer und den Anwaltskanzleien Christandl und Niebauer vertreten werden. Stimmen hier alle zu, würde dies die Meinl Bank 18,2 Mio. Euro kosten. „Wir schließen weitere Vergleichsangebote, auch mit AdvoFin, nicht aus“, sagt Weinzierl. Bei AdvoFin heißt es dazu, man führe derzeit keine Gespräche mit der Meinl Bank.
Der Prozessfinanzierer und das Institut bekämpfen sich mit harten Bandagen. Die Meinl Bank zeigte AdvoFin bei der Finanzmarktaufsicht und den Steuerbehörden an. Branchenkreisen zufolge ist eine Einigung auch deswegen schwierig, da die Betroffenen 34 Prozent der Vergleichssumme an AdvoFin abliefern müssen.
Generell nehmen vor allem Anleger, die mit kleinen Beträgen in MEL-Papiere investiert sind, das Angebot an. Der Rest will den Streit bis in letzter Instanz durchziehen, was Jahre dauern dürfe.
Wer sich mit der Meinl Bank einigt, muss sämtliche Ansprüche abtreten. Denn das Institut will sich das Geld unter Umständen von jenen Finanzdienstleistern zurückholen, die die MEL-Papiere an den Endkunden gebracht haben. Denn die Bank sei, wie Weinzierl sagt, „juristisch gesehen die falsche Adresse“ für Anlegerklagen. Viele Finanzberater und deren Berufshaftpflichtversicherungen appellieren daher an MEL-Investoren, dem Vergleich nicht zuzustimmen.
Laut „Presse“-Informationen verhandelt die Meinl Bank auch mit Atrium über eine außergerichtliche Einigung. Die Immobiliengesellschaft fordert zwei Mrd. Euro.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2010)