Skisport

Die Kampflinie der Abfahrtskönigin

APA/AFP/FABRICE COFFRINI
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Sofia Goggia wandelt auf den Spuren von Lindsey Vonn. In Crans-Montana wird klar: Wer die Italienerin besiegen will, muss schwere Stürze in Kauf nehmen.

„Only the brave.“ Diese Worte brüllte Sofia Goggia durch den Zielraum von Crans-Montana. Und sie könnten die aktuelle Machtverhältnisse im Damen-Abfahrtssport nicht besser beschreiben. Seit mehreren Wochen meistert die Italienerin einen Tanz auf der Rasierklinge, bringt einen wilden Ritt nach dem anderen ins Ziel und hat am Samstag im Wallis ihre bereits vierte Weltcupabfahrt in Folge gewonnen. Vier Abfahrtssiege in einer Saison waren zuletzt Lindsey Vonn im Winter 2017/2018 gelungen.

Die Konkurrenz weiß längst: Wenn Goggia einigermaßen fehlerfrei ins Ziel kommt, ist kein Kraut gegen die Olympiasiegerin gewachsen. Es sei denn, man nimmt noch mehr Risiko als die 28-Jährige aus Bergamo, und das würde wohl ins Auge gehen. Siehe Ester Ledecká. Die tschechische Ausnahmeathletin war bei der ersten der beiden Abfahrten in Crans-Montana Goggia noch am nächsten gekommen, war am Samstag ähnlich kompromisslos wie die Italienerin unterwegs und landete mit rund 100 km/h im Fangnetz. Ein böser Sturz, doch die Ski- und Snowboard-Queen fuhr selbstständig ins Ziel, auch weil alle Sicherheitsvorkehrungen (Bindung, Netz) perfekt funktioniert hatten.

Schelte vom Coach

Goggia gab sich am Ende weder vom insgesamt 100. Weltcupsieg der italienischen Damen noch von ihrer Abfahrtsserie sonderlich bewegt. „Ich bin nicht so beeindruckt. Es war wenig Sicht, ich habe auch versucht, sicher und fehlerfrei zu fahren.“ Schon im Vorfeld hatte sie erklärt: „Mein Trainer ist nicht so zufrieden damit, wie ich Ski fahre. Er sagt, ich mache viele technische Fehler. Aber ich bin schnell.“

Auch Goggias Landsfrauen präsentierten sich knapp zwei Wochen vor Beginn der Heim-WM in Cortina d'Ampezzo in Topform. Elena Curtoni wurde Dritte, Laura Pirovano Vierte und die amtierende Gesamtweltcupsiegerin Federica Brignone landete auf Platz neun.

Nur eine Dame aber konnte mit Abfahrtskönigin Goggia gerade so mithalten: Lara Gut-Behrami. Jene Schweizerin also, die in ihrer Heimat einmal mehr für Wirbel gesorgt hatte, weil sie die wetterbedingt schwierig zu präparierende Abfahrtspiste in Crans-Montana vor dem Rennen als „widerlich“ bezeichnet hatte.

Während die Schweizerinnen wieder fleißig Punkte einfuhren (sechs Läuferinnen in den Top 15), haderten die ÖSV-Damen mit großen Rückständen. Beste der Speedmannschaft, die ohne Teamleaderin Nicole Schmidhofer und seit dieser Woche auch ohne die verletzte Weltcupsiegerin Nina Ortlieb auskommen muss, war Allrounderin Ricarda Haaser auf Platz zwölf. Fünf Jahre ist es mittlerweile her, dass die beste ÖSV-Läuferin in einer Abfahrt schlechter klassiert gewesen war (Elisabeth Görgl als 13. im Februar 2016 in La Thuile).

Debüt der Spezialistin

Am Sonntag folgt Crans-Montana der abschließende Super-G (11.50 Uhr, ORF eins). Mit von der Partie ist die junge Salzburgerin Lisa Grill. Vergangene Woche war die 20-Jährige auf selber Strecke Zweite in der Europacupabfahrt gewesen. Im benachbarten Zinal fuhr sie außerdem im Super-G auf die Plätze eins und drei.

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Beim Weltcupdebüt im Super-G möchte sie nun in die Punkte fahren. „Ich freue mich und werde mein Bestes probieren, andere Dinge habe ich eh nicht in der Hand.“ Dass sie den Hang bereits von den jüngsten Europacuprennen kennt, sei jedenfalls kein Nachteil. „Weil es hier doch ein paar Eigenheiten gibt“, sagt die Allrounderin aus dem Lungau, die längst als große Hoffnung für die dezimierte ÖSV-Speedtruppe gilt.

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