Machtpolitik

Joe Bidens chinesisches Problem

Der neue US-Präsident Joe Biden auf einem Großbildschirm in Hong Kong. Er führt die USA im großen Machtkampf mit China.
Der neue US-Präsident Joe Biden auf einem Großbildschirm in Hong Kong. Er führt die USA im großen Machtkampf mit China.Reuters
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China reizte am Wochenende Taiwan, und damit auch die USA, mit unüblich großen Kampfjetmanövern. US-Schiffe fuhren ins Südchinesische Meer, Washington ermahnt Peking.

Peking/Taipeh/Tokio/Washington. Jäh wachsende Spannungen zwischen China und Taiwan stellen US-Präsident Joe Biden nur wenige Tage nach seinem Amtsantritt am 20. Jänner vor unangenehme Tatsachen. Washington sicherte dem Inselstaat, für China nach wie vor eine „abtrünnige Provinz“, militärische Unterstützung zu, nachdem zahlreiche chinesische Kampfflugzeuge am Samstag dessen Luftraum bzw. die darüber hinausreichende Luftverteidigungszone verletzt hatten. Am Sonntag wurde ein zweiter großer Überflug gemeldet.

Eine US-Flugzeugträgerkampfgruppe um die USS „Theodore Roosevelt“ fuhr derweil am Wochenende in das Südchinesische Meer ein. Dieses Seegebiet, ein Nebenmeer des Pazifiks, wird von China mittlerweile ganz offen für sich reklamiert und mit kleinen Inselfestungen ausgebaut – aus „historischen Gründen“ und gegen den Widerstand der Anrainer Vietnam, Malaysia, Brunei, Taiwan, der Philippinen und Indonesien.

Provokante Aktionen Chinas

In den vergangenen Jahren waren provokante Aktionen chinesischer Kampfflugzeuge haarscharf nahe oder im Luftraum speziell Taiwans und Japans fast schon an der Tagesordnung: Japans Verteidigungsministerium etwa berichtete vorigen Sommer, Jäger müssten deswegen oft mehrmals täglich, jedenfalls mehrmals pro Woche aufsteigen. Im Juni 2020 wurde von Japans Regierung sogar öffentlich verkündet, es sei ein chinesisches U-Boot vor Südjapan detektiert worden. Normalerweise hält man solche Vorfälle geheim, um den Gegner über die eigenen Fähigkeiten im Unklaren zu lassen.

Die Flüge der Chinesen vom Wochenende waren indes wegen ihres Ausmaßes ungewöhnlich: Üblicherweise waren bisher an solchen Aktion ein, zwei oder wenig mehr Maschinen beteiligt, oft auch bloße Aufklärer. Nun aber war jeweils fast eine komplette Staffel im Einsatz: Am Samstag waren es laut Luftraumüberwachung acht schwere Bomber Typ Xian H-6K, die übrigens nukleartauglich sind, plus vier Mehrzweckkampfflieger vom topmodernen Modell Shenyang J-16. Am Sonntag sollen es dann insgesamt schon 15 Maschinen gewesen sein. Man habe Jäger gestartet und landgestützte Luftabwehrsysteme aktiviert, hieß es aus Taiwan. Weitere Maßnahmen seien überdies getroffen worden.

Ein Danke aus Taipeh

Die USA, Taiwans Schutzmacht, stellten sich ostentativ an dessen Seite: „Wir werden Taiwan weiterhin beistehen, eine ausreichende Fähigkeit zur Selbstverteidigung zu erhalten“, erklärte das US-Außenministerium. Dies trage zu Frieden und Stabilität in der Region bei. „Wir mahnen China, den militärischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Druck auf Taiwan zu beenden und stattdessen in einen sinnvollen politischen Dialog einzutreten.“

Taiwans Außenministerium bedankte sich für die Gesten aus Washington. Man werde mit der neuen Regierung Biden gerne und eng kooperieren, hieß es. Aus China gab es unterdessen am Wochenende keine Stellungnahmen zu den Entwicklungen. Bisher waren solche Militäraktionen von Peking mit dem Schutz nationaler Interessen und der Verteidigung der Souveränität begründet worden.

Joe Biden, der Demokrat, hatte sowohl vor als auch kurz nach seiner Amtseinführung klargestellt, dass die USA weiterhin „felsenfest“ zu Taiwan stünden. Die USA unterhalten mit Taiwan zwar, so wie mittlerweile die meisten Staaten der Erde, mit Rücksicht auf die weit größere Volksrepublik China keine formalen diplomatischen Beziehungen mehr. Sie unterstützen das Land (rund 23 Millionen Einwohner) jedoch etwa mit militärischem Gerät und Geheimdienstinformationen.

Die Operation des Flugzeugträgers Roosevelt im Südchinesischen Meer indes war schon seit längerem geplant und dient wie viele andere zuvor dem Prinzip der „Freiheit der Meere“. Solche „Freedom of navigation“-Manöver unternahmen dort in den vergangenen Jahren auch Kriegsschiffe etwa Großbritanniens, Frankreichs, Australiens und Japans.

Fortführung der Trump-Politik

Der designierte US-Außenminister Antony Blinken sagte erst vor Tagen vor dem Senat, dass China heute „zweifellos die bedeutendste Herausforderung für die USA“ darstelle. Zumindest die Politik der militärischen Eindämmung des kommunistischen Riesen, die schon Donald Trump als Präsident intensiviert hatte, wird sein demokratischer Nachfolger wohl fortsetzen müssen. (ag./wg)

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