Coronapandemie

Wie sicher sind Genesene?

Hatte zuletzt die britische Mutante des Coronavirus für Unruhe gesorgt, so rückt nun auch die südafrikanische Variante 501Y.V2 vermehrt in den Fokus.
Hatte zuletzt die britische Mutante des Coronavirus für Unruhe gesorgt, so rückt nun auch die südafrikanische Variante 501Y.V2 vermehrt in den Fokus.Imago Images
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Laut Forschern führt die Südafrika-Mutante des Virus dazu, dass sich Covid-19-Genesene leichter erneut anstecken. Auch Impfstoffe könnten gegen den neuen Erreger weniger wirksam sein.

Wien/Johannesburg. Hatte zuletzt die britische Mutante des Coronavirus für Unruhe gesorgt, so rückt nun auch die südafrikanische Variante 501Y.V2 vermehrt in den Fokus. Wie am Wochenende bekannt wurde, ist diese Variante in Tirol bereits in mehreren Fällen nachgewiesen worden („Die Presse“ berichtete). Sie könnte sich laut Forschern nun stärker ausbreiten als die in Europa bisher hauptsächlich verbreitete Sars-CoV-2-Variante. Wissenschafter berichten zudem in zwei Fachartikeln (diese wurden vor Veröffentlichung noch nicht durch unabhängige Fachkollegen begutachtet), dass sich auch Covid-19-Genesene mit der neuen Variante ein zweites Mal anstecken könnten. Das ist nicht zuletzt für jene rund 380.000 Österreicher relevant, die bereits eine Erkrankung mit dem Coronavirus hinter sich haben.

Zudem könnten Antikörper-Therapien und Impfstoffe gegen diesen Erregertyp weniger wirksam sein, heißt es weiter. Die Coronavirus-Variante 501Y.V2 (auch als B.1.351 bekannt) wurde in Südafrika zuerst entdeckt und ist in zahlreichen Ländern nachgewiesen worden. Sie zeichnet sich durch Mutationen aus, die das sogenannte Spike-Protein des Virus verändern. Dieses Eiweiß nutzt das Virus, um sich an die Körperzellen anzuheften und schließlich in diese einzudringen.

Eine US-Forschergruppe untersuchte die Auswirkungen der genetischen Veränderungen. Dabei bezogen sie drei Mutationen in einer zentralen Region des Spike-Proteins mit ein. Es zeigte sich, dass sich das Virus dank der drei Mutationen besser an die Zellen heften kann als etwa die mutierte britische Variante. Dies macht das Virus so ansteckend. Das Spike-Protein ist auch der Ort, an dem die Antikörper angreifen, die das Immunsystem nach einer Infektion oder einer Impfung bildet oder die bei einer Therapie verabreicht werden. Bei den betrachteten Änderungen bestehe die Gefahr, dass die Antikörper das Virus nicht mehr „erkennen“, so die Forscher.

Ähnlich beunruhigende Ergebnisse kommen von südafrikanischen Wissenschaftern des Gesundheitslabordienstes NHLS in Johannesburg. Sie untersuchten die Wirkung von neun Mutationen der Variante 501Y.V2. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass bestimmte Antikörper, die bei einer Therapie gegen eine Sars-CoV-2-Infektion verabreicht werden, bei der südafrikanischen Variante als Folge der Mutationen nicht mehr wirken. Bei Laborversuchen mit Blut von genesenen Covid-19-Patienten stellten sie fest, dass die darin enthaltenen Abwehrstoffe eine Infektion von Zellen mit der südafrikanischen Variante in vielen Fällen nicht verhindern konnten.

Drosten: „Kein Ausfall der Impfung“

Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, weist jedoch darauf hin, dass die südafrikanischen Virologen nicht das Blut von Geimpften untersucht haben: „Nach einer Impfung sind deutlich mehr Antikörper im Blut, als es bei den meisten der ehemaligen Covid-19-Patienten der Fall war.“ Erst eine Untersuchung an Blut von geimpften Patienten könne Klarheit bringen, ob ein Impfstoff an die neue Variante angepasst werden müsse.

Der deutsche Virologe Christian Drosten betont zudem die Bedeutung der sogenannten T-Zellen in der Immunantwort des Körpers. „Wenn ein Virus an irgendeiner Stelle eine Mutation hat, ändert das nichts an der T-Zell-Immunität. Insofern glaube ich nicht, dass wir mit einem Ausfall der Impfstoffe rechnen müssen“, sagte er zum „Spiegel“.

In Österreich treten indes ab Montag noch schärfere Regeln zur Bekämpfung der Pandemie in Kraft. Im öffentlichen Raum muss man grundsätzlich zu jedem, mit dem man nicht zusammenwohnt, zwei statt bisher einen Meter Abstand halten. In geschlossenen öffentlichen Räumen gilt eine FFP2-Masken-Pflicht für alle Personen ab dem Alter von 14 Jahren. Kinder sind davon befreit. Dieser Schutz ist auch für öffentliche Verkehrsmittel, Dienstleister (Beispiel: Autowerkstätten) und den Handel (Supermärkte) vorgeschrieben: Die Rewe-Märkte (Billa, Merkur, Penny) wollen die Masken ab Montag drei Tage lang gratis abgeben. Auch die Ketten Spar und Hofer haben angekündigt, an den Eingängen Gratismasken zu verteilen – so lang der Vorrat reicht. Jenen, die gegen die Tragepflicht verstoßen, drohen Organstrafmandate, Bußgeld: 25 Euro.

Impfung für Spitzenpolitiker

Indessen sprach sich Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres für eine rasche Impfung von Spitzenpolitikern aus, da diese als Vorbilder gesehen würden. Gleich nach der Immunisierung von Kranken und über 80-Jährigen sollten der Bundespräsident, die Mitglieder der Bundesregierung und die der Landesregierungen geimpft werden. Zudem trat Szekeres dafür ein, dass möglichst alle niedergelassenen Ärzte, unabhängig von ihrem Fachgebiet, gegen das Virus impfen sollen. (m. s./APA/dpa)

Weitere Infos:www.diepresse.com/coronavirus

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2021)

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