EU

AstraZeneca und EU reden aneinander vorbei

Der Impfstoffhersteller sagte das für Mittwochabend geplante Gespräch mit der EU-Kommission ab - und ruderte kurz darauf zurück.

Der Konflikt zwischen der Europäischen Kommission und dem Pharmakonzern AstraZeneca über die Lieferung von dessen Covid-19-Impfstoff verschärft sich. Ein für Mittwochabend geplantes Gespräch zwischen Vertretern der Kommission, der EU-Mitgliedstaaten und dem Konzern wurde am Vormittag von AstraZeneca abgesagt, bestätigte eine Quelle aus der Kommission auf Anfrage der „Presse“. Gründe nannte sie nicht. „Das müssen Sie das Unternehmen fragen“, sagte ein Sprecher der Kommission zur „Presse". Eine knappe Stunde später ruderte AstraZeneca zurück und erklärte, doch an dem Gespräch teilnehmen zu wollen. Eine Sprecherin der Kommission war unmittelbar nicht in der Lage, das zu bestätigen.

In der Kommission herrschte am Mittwoch das blanke Chaos. Bei der täglichen Mittagspressekonferenz wehrte eine Sprecherin fast eine Stunde lang Fragen der Korrespondenten nach dem Stand der Dinge ab. Im Hintergrund verdichteten sich Spekulationen darüber, dass die Kommission den bisher mit Verweis auf die schützenswerten geschäftlichen Interessen des Konzerns unter Verschluss gehaltenen Rahmenvertrag offenlegen wolle - etwas, dass ein anderer Kommissionssprecher noch Tags zuvor mehrfach abgelehnt hatte. Auch Emily O'Reilly, die EU-Ombudsfrau, macht Druck auf die Kommission. Sie forderte sie am Mittwoch auf, bis 11. Februar die Anfrage der Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory auf Offenlegung des AstraZeneca-Vertrages zu beantworten.

Hahn: „Das sind keine altruistischen Wohltäter"

AstraZeneca hatte Ende voriger Woche überraschend bekannt gegeben, seine der EU vertraglich zugesicherten Liefermengen des Impfstoffes bis März nicht einhalten zu können. Grund dafür seien nicht näher definierte logistische Probleme in der Herstellungskette. Gleichzeitig jedoch hält der Konzern, der den Impfstoff gemeinsam mit der britischen Universität Oxford entwickelt hat, seine versprochenen Lieferungen an das Vereinigte Königreich ein. In Brüssel zirkuliert der Verdacht, dass AstraZeneca für die Union bestimmte Chargen zu den Briten umgeleitet hat, weil die eventuell einen höheren Preis zahlen. „Klar ist: wir haben es hier nicht mit altruistischen Wohltätern zu tun. Das ist ein Business“, sagte Johannes Hahn, EU-Budgetkommissar, am Dienstag gegenüber deutschsprachigen Korrespondenten.

In einem Interview mit den Zeitungen „Die Welt“, „La Repubblica“ und „El Pais“ wehrte sich Pascal Soriot, der Vorstandschef von AstraZeneca, gegen diese Verdächtigungen: „Wir sind in Europa jetzt zwei Monate hinter unserem ursprünglichen Plan. Wir hatten auch Anfangsprobleme in Großbritannien. Aber der Vertrag mit den Briten wurde drei Monate vor dem mit Brüssel geschlossen. Wir hatten dort drei Monate mehr Zeit, um Pannen zu beheben.“ Allerdings lancierte ein namentlich ungenannter AstraZeneca-Manager gegenüber dem britischen Fernsehsender ITV eine Spitze gegen die EU: „Ich verstehe den Brexit jetzt besser."

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