Corona-Impfstoff

Biontech kann womöglich mehr Impfdosen an die EU liefern

Der Pfizer/Biontech-Impfstoff ist einer von zwei in der EU zugelassenen Impfstoffen (neben jenem von Moderna).
Der Pfizer/Biontech-Impfstoff ist einer von zwei in der EU zugelassenen Impfstoffen (neben jenem von Moderna).APA/AFP/LOIC VENANCE
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Finanzvorstand Poetting sagt in einem Interview, die Liefermengen im ersten Quartal könnten höher ausfallen. Vorläufige Studien zeigen, dass der Pfizer/Biontech-Impfstoff auch gegen die südafrikanische und britische Mutation wirksam ist.

Die Lieferprobleme von AstraZeneca an die EU mit dem Corona-Impfstoff sorgen für viel Diskussion, Österreich muss sogar seinen Impfplan umkrempeln. Jetzt hat der deutsche Hersteller Biontech angekündigt, im ersten Quartal 2021 womöglich sogar mehr Impfdosen als vereinbart an die EU-Staaten liefern zu können. Das sagte Finanzvorstand Sierk Poetting der „Stuttgarter Zeitung“. Der Impfstoff, der in Kooperation mit dem US-Konzer Pfizer entwickelt wurde, war der erste, der in der EU zugelassen wurde.

Derzeit ist Impfstoff generell Mangelware in der EU. Denn auch Biontech/Pfizer hatte Mitte Jänner eine Produktionsverzögerung zu beklagen. Doch hieß es, die vereinbarte Menge könne im ersten Quartal 2021 geliefert werden. Diese Menge könne nun möglicherweise noch übertroffen werden, so Poetting.

Neuigkeiten gibt es auch, was die Wirksamkeit des Pfizer/Biontech-Impfstoff gegen zwei der Mutationen betrifft. Nach einer vorläufigen Studie des US-Pharmakonzerns wirkt das Vakzin auch gegen die in Großbritannien und Südafrika entdeckten, offenbar ansteckenderen Varianten. Eine Laboruntersuchung habe gezeigt, dass die Mutanten nur geringe Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Antikörper hätten, die durch den Impfstoff Covid-19 erzeugt werden, erklärte Pfizer. Doch bei der südafrikanischen Variante dürfte die Zahl der Antikörper geringer ausfallen, weswegen man bereits an einem verbesserten Impfstoff arbeite.

Sanofi bereitet sich auf Produktion vor

Bei der Produktion helfen soll auch der französische Pharmakonzern Sanofi. Dort sollen mehr als 125 Millionen Dosen des von den Konkurrenten Biontech und Pfizer entwickelten Covid-19-Impfstoffs für die EU fertigen. Bis es so weit ist, dauert es aber noch ein paar Monaten. Die ersten Lieferungen seien im Sommer aus Produktionsanlagen in Frankfurt zu erwarten, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Sanofi werde Biontech Zugang gewähren und Fertigungsschritte der späten Phase übernehmen. Dafür soll eine Anlage genutzt werden, in der Sanofi Diabetes-Medikamente herstellt.

Da der Covid-19-Impfstoff von Biontech auf einer völlig anderen Technologie basiere als die Vakzine, die Sanofi normalerweise herstelle, benötige die Umstellung entsprechend Zeit, erläuterte eine Sprecherin, warum mit Lieferungen nicht schon vor dem Sommer begonnen werden könne. "Die Herstellung eines neuen Impfstoffs erfordert einige Zeit und Investitionen, um bestimmtes Equipment zu erwerben, zu installieren und zu qualifizieren, technische Chargen herzustellen und den Herstellungsprozess zu genehmigen." Sanofi will parallel aber auch die Entwicklung seiner eigenen Impfstoff-Kandidaten weiter vorantreiben.

Ausbau der Produktionskapazitäten

Angesichts der massiven Nachfrage nach Covid-19-Impfstoffen arbeitet Biontech mit Hochdruck am Ausbau seiner Produktionskapazitäten. Pfizer und Biontech haben sich verpflichtet, in diesem Jahr bis zu 600 Millionen Dosen an die EU zu liefern. Die Partner mussten aber auch Lieferprobleme eingestehen, da die Produktion im belgischen Pfizer-Werk Puurs wegen der Ausweitung der Kapazitäten zunächst gedrosselt werden müsse. Entlastung soll auch die von Novartis übernommene Anlage im deutschen Marburg bringen, die im Februar die Produktion aufnehmen soll. Das US-Unternehmen Baxter will zudem in der Stadt Halle ab Ende Februar/Anfang den Impfstoff von Biontech und Pfizer herstellen.

Sanofi entwickelt selbst einen Corona-Impfstoff zusammen mit dem britischen Konzern GlaxoSmithKline. Die beiden Unternehmen hatten dabei im Dezember einen Rückschlag erlitten, weil das Mittel bei älteren Erwachsenen keine ausreichende Reaktion des Immunsystems hervorrief. Nun wollen die Partner im Februar mit einem verbesserten Impfstoff eine neue Studie der Phase 2 starten. Sollten die Ergebnisse positiv sein, könnte ein großangelegter Test an mehreren tausend Probanden im zweiten Quartal 2021 beginnen und der Impfstoff im vierten Quartal zugelassen werden.

Das Vakzin basiert auf derselben Technologie wie einer der Grippeimpfstoffe von Sanofi. Die Franzosen entwickeln zudem mit der US-Firma Translate Bio einen weiteren Impfstoff, der wie die bereits zugelassenen von Biontech und Pfizer auf der sogenannten Boten-RNA (mRNA) basiert. Eine klinische Studie der Phase-1/2 mit diesem Mittel soll noch in diesem Quartal beginnen.

(APA/Reuters/Red.)

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