Lokalkritik

Testessen: Le Salzgries und Das Spittelberg

Florence Stoiber
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Darf man sich ausgerechnet jetzt Meeresfrüchte liefern lassen? Und was ist an einer „Duck Away“ lustig? Dr. Brenner beantwortet drängende Fragen.

Pasta in allen Variationen soll dem ­Vernehmen nach das meistgekochte Gericht im Lockdown sein. Meines sind Gulasch und Eintöpfe. Die Gastronomen, die sich mit Take-away gegen die Pandemie und Wirtschaftskrise stemmen, haben die fast immer in ihrem Gläser-Angebot. Nicht, dass ich das heimliche National­gericht der Ungarn und Ostösterreicher nicht mag, aber es wird auf Dauer etwas eintönig. Anders formuliert: Gulasch passt zur aktuellen Lage. Auf der verzweifelten Suche nach Alternativen bin ich auf das französische Restaurant Le Salzgries gestoßen, das sein Zustell- und Abholangebot auf seiner Homepage jüngst ausgebaut hat.

Die Bestellung wirft sofort moralische Fragen auf: Darf man in so schwierigen Zeiten Meeresfrüchte bestellen? Immerhin darbt die Wirtschaft, und die Schulen haben geschlossen. Andererseits bleiben die Pisten offen und die Garnelen, Austern und Muscheln werden in einem wirklich eleganten Styroporbehälter geliefert, der mit Eis gefüllt ist (und jede Tafel ziert). Nennen wir es den Eistraum für reiche Foodies. Kurz wollte ich die Wie-dekadent-darf-man-den-Lockdown-begehen-Frage an Konrad Paul Liessmann in einem virtuellen Clubhouse-Raum stellen, aber das wurde mir zu kompliziert. Aus dem Lokal von Denis König kann man sich auch eine schön runde, fast zu milde Hummer-­Bisque liefern lassen – und sagen Sie nie Suppe zu ihr. Das Beef Tatar ist ebenfalls fein und verlässlich frisch. Die Schnecken muss man kurz aufheizen, das gilt auch für die braven Hauptgerichte: Das Gulasch der Franzosen – Bœuf bourguignon – soll ebenso wie die Hühnerbrust in Trüffelbuttersauce in Plastiksackerln im Wasserbad erhitzt werden, wir Franzosen nennen das nobel Sous-vide.

Das ist überhaupt die Taktik gerade: Einfach so tun, als wäre alles edel und schön. Das Mittagsmenü vom Chinesen kommt natürlich auf das Lilienporzellan. Beide Gerichte schmecken rund und gut, die zurückhaltende Würzung darf nicht den Eindruck entstehen lassen, man leide an Geschmacksverlust! Derber würzt da schon ein alter Bekannter der Wiener Gastro-Szene: Harald Brunner, stets gut gelaunter, bunt gekleideter Koch und Sprechperlenproduzent, bietet eine schön fette „Duck Away“, die er natürlich laut vorsagt, damit wer lacht. Die kommt mit einem feinen Chilikraut als Begleitung. Er bietet auch einen großartigen Fisch-Gabelbissen auf Lachs, der daran erinnert: Ist jetzt irgendwann ein virtueller Heringsschmaus?

Le Salzgries, Marc-Aurel-Straße 6, 1010, lieferservice.le-salzgries.at

Das Spittelberg, Spittelberggasse 12, 1070, delivery.das-spittelberg.at

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