Banken: Streit um Libyens UniCredit-Anteile

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Italiens Börsenaufsicht nimmt Geschäfte des libyschen Staatsfonds unter die Lupe. Vor allem die rechtspopulistische Lega Nord verurteilt den Einstieg der Libyer und des Fonds aus Abu Dhabi scharf.

Wien (höll). Libyens Staatschef Muammar al-Gadhafi hat sich mit Milliarden bei der Bank Austria-Mutter UniCredit eingekauft. Dies sorgt in Italien für heftige Kontroversen. Am Dienstag schaltete sich die Mailänder Börsenaufsicht in den Konflikt ein. Sie erklärte, dass sie die jüngst erfolgten Zukäufe der Libyer unter die Lupe nehmen werde. Im Sommer erhöhten die Investoren aus Nordafrika die Beteiligung an der UniCredit von fünf auf sieben Prozent. Sie stiegen damit zum größter Aktionär der Mailänder Großbank auf.

An der Börse ist das Paket weniger als drei Mrd. Euro wert. Medienberichten zufolge wollen die Libyer nun den Anteil auf zehn Prozent aufstocken.

Ein weiterer Großaktionär ist mit fünf Prozent der Fonds Aabar aus Abu Dhabi. Stimmt sich dieser mit den Libyern ab, könnten sie bei Aktionärstreffen von UniCredit den Ton angeben. Denn die italienische Großbank verfügt über einen hohen Streubesitz. Auf Hauptversammlungen reicht daher ein relativer kleiner Anteil aus, um wichtige Beschlüsse durchsetzen zu können. In Italien ist nicht jeder Politiker darüber erfreut.

Außenminister Franco Frattini erklärte, die Libyer müssen sämtliche Beteiligungen in Italien offenlegen. Im Außenministerium wurde ein Gremium eingerichtet, das Geschäfte von ausländischen Staatsfonds in Italien überprüft. Die UniCredit zählt zu Italiens Vorzeigekonzernen. Das Institut stieg nach dem Kauf der Bank Austria und der deutschen HypoVereinsbank zu den führenden Banken in der Eurozone auf. Die Wiener Tochter ist die Nummer eins in Osteuropa.

Lieber Tripolis als Rom?

UniCredit und Bank Austria haben die Finanzkrise unbeschadet überstanden. Sie kamen ohne staatliche Hilfen aus. Vor allem die rechtspopulistische Lega Nord verurteilt nun den Einstieg der Libyer und des Fonds aus Abu Dhabi scharf.

Medienberichten zufolge soll UniCredit-Chef Alessandro Profumo die Libyer geholt haben, um damit den Einfluss der italienischen Politik auf die Bank zurückzudrängen. Denn UniCredit ist aus der Fusion mehrerer italienischer Sparkassen hervorgegangen. Über die Sparkassen-Stiftungen versuchen noch immer Politiker, sich in die Geschäfte der Bank einzumischen. Einer der großen Aktionäre von UniCredit ist beispielsweise die Sparkassenstiftung von Verona. Der Bürgermeister von Verona, Flavio Tosi, verlangt lautstark, dass die Libyer zurückgedrängt werden. Profumo bestreitet vehement, dass er die neuen Investoren gerufen habe. „Ich habe sie nicht aufgefordert, bei UniCredit einzusteigen. Sie haben auf komplett autonome Weise beschlossen, ihre Beteiligung zu erhöhen“, versicherte der Bankchef.

Kritik kommt auch von den italienischen Gewerkschaften, denn UniCredit hat vor, in den nächsten Jahren in Italien im Zuge eines Restrukturierungsprogramms 4700 Stellen zu streichen.

Laut Statut der UniCredit darf kein Anteilseigner mehr als fünf Prozent der Stimmrechte haben. Doch diese Regel könnten die Libyer aushebeln, weil sie ihre Anteile auf zwei Gesellschaften aufgeteilt haben. Die Zentralbank von Tripolis hält fünf Prozent und der libysche Staatsfonds 2,1Prozent. Die Mailänder Börsenaufsicht untersucht nun, ob die beiden Institutionen unabhängig voneinander agieren oder ob sie ihr Vorgehen abstimmen.

Italienische Politiker vermuten, dass in Libyen letztendlich alle Fäden bei Staatschef Gadhafi zusammenlaufen. Sie fordern daher, dass die Libyer auf Hauptversammlungen der UniCredit maximal fünf Prozent der Stimmrechte ausüben dürfen, unabhängig davon wie viele Anteile sie tatsächlich besitzen.

UniCredit erhielt im August in Libyen eine Banklizenz. Profumo will dort zunächst mit dem Firmen- und Großkundengeschäft starten. Privatkunden sollen zu einem späteren Zeitpunkt angesprochen werden.

Auf einen Blick

Investoren aus Nordafrika und dem arabischen Raum stocken ihre Anteile bei der Bank-Austria-Mutter UniCredit auf. Die Libyer wollen ihre Beteiligung von sieben auf zehn Prozent erhöhen. Der Fonds Aabar aus Abu Dhabi hält fünf Prozent. Italienische Politiker fürchten nun um ihren Einfluss auf die Mailänder Großbank.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2010)

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