Nach der Abschiebung von gut integrierten Schülerinnen hat sich das Koalitionsklima eingetrübt. Die Grünen schießen sich auf den Innenminister ein und fordern Gesetzesänderungen.
Dass es nicht leicht werden würde, sich in Asyl- oder Menschenrechtsfragen gegen die ÖVP durchzusetzen, haben die Grünen von Anfang an gewusst. Das türkise Veto gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus den griechischen Lagern Moria und Kara Tepe hat die Parteibasis, auch unter dem Eindruck der Pandemie, noch grummelnd zur Kenntnis genommen. Aber in der Nacht auf Donnerstag, als drei gut integrierte Schülerinnen und ihre Familien nach Georgien bzw. Armenien abgeschoben wurden, war dann eine Schmerzgrenze erreicht – die nun auch Vizekanzler und Parteichef Werner Kogler in Form von Druck zu spüren bekommt.
Intern ist von einer angespannten Stimmung die Rede, von Ärger – oder schon Wut – über Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), der den Grünen noch am Mittwoch eine gründliche Einzelfallprüfung versprochen hatte. Er frage sich schon, warum man sich nicht mehr Zeit genommen habe, sagte Kogler am Donnerstag. Die Fälle seien zwar auf Basis der Gesetze ausjudiziert, doch der Innenminister hätte auch anders handeln können: „Es gibt keine zwingende rechtliche Verpflichtung zur Abschiebung von Schulkindern, die hier in Österreich aufgewachsen und gut integriert sind. Das gilt besonders in Zeiten einer Pandemie.“>> Polizei prüft Anschuldigungen nach Protestaktion [premium]
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Ähnlich sieht das der Vorarlberger Landesrat Johannes Rauch, dessen Wort auch in der grünen Bundespartei Gewicht hat: „Menschlich und emotional ist die Sache vollkommen klar: Kinder und Jugendliche, die in Österreich ihre Ausbildung machen oder gemacht haben, sollen auch hierbleiben können. Abschiebungen mitten in der Pandemie in ein Land, das sie nicht einmal kennen, sind nicht hart, sondern brutal.“ Rechtlich, so Rauch, sei die Sache „leider auch vollkommen klar“. Und Gesetzesänderungen bräuchten Mehrheiten: „Darum bemühen wir Grüne uns seit Jahrzehnten. Das ändert sich auch in der Regierung nicht.“