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Zanken statt Knutschen: Die besten Ehekrise-Komödien auf Netflix, Amazon & Co.

In alten Screwball-Komödien sorgte partnerschaftliche Reibung gern für romantische Funken. Im heutigen Kino schlagen Ehekrisen auch bittersüße Noten an. Fünf Empfehlungen, von lebensnah bis absurd.

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Marriage Story

Von Noah Baumbach, 2019
Zu sehen auf Netflix

Ehekrise-Komödien sind das Negativ zu romantischen Komödien. Obwohl in ihnen mehr geweint als gelacht und mehr gezankt als geknutscht wird, sind sie nicht nur ernst. In „Marriage Story“ wird die Tragödie einer Scheidung mit dem Absurden und Romantischen gekreuzt. Nicole (Scarlett Johansson) fühlt sich von Charlie (Adam Driver) nicht mehr gesehen, zu lang hat sie ihre Schauspielkarriere seinem Erfolg als Regiewunderkind untergeordnet. Charlie macht nichts katastrophal falsch, aber er ist passiv und unaufmerksam – und durch seine Sensibilität als Künstler und liebevoller Vater bietet er ihr keine Angriffsfläche.

Als sich Nicoles feministische Anwältin (Oscar für Laura Dern) und Charlies misogyner Rechtsbeistand (Ray Liotta) wegen der Sorgerechtsfrage bekriegen, beobachten die beiden den grotesken Geschlechterkampf ihrer Justiz-Repräsentanten wie verstörte Kinder. Im Privaten begegnen sie sich weiter mit Sympathie und Respekt, was ihr Zerwürfnis umso schmerzhafter macht. Wenn keine Feindbilder passen, wenn sie durch feinfühlige Liebeserklärungen, wie man sie in den einleitenden Rückblenden von beiden hört, regelrecht konterkariert werden, wiegen Faustschläge gegen die Wand und Weinkrämpfe noch schwerer.

Mrs. Doubtfire

Von Chris Columbus, 1994
Zu sehen auf Disney+

Daniel (Robin Williams) nimmt sich für seine Kinder die Rolle des verspielten Märchenvaters raus. Seiner berufstätigen Frau Miranda (Sally Field) fällt der undankbare Part der Spielverderberin zu. Als Cartoon-Sprecher ohne Anstellung ist er machtlos, als sie nach der Scheidung das Sorgerecht erhält. Verkleidet als Kindermädchen macht Daniel seine Fehler aber wieder gut. Mrs. Doubtfire wehrt die Beschwerden der Hausherrin über ihren Ex-Mann nicht ab, sondern hört ihr zu. Sie hält das Heim in Schuss und erzieht die Kinder mit strenger Hand. Seinen Höhepunkt erreicht der schizoide Gender-Karneval, wenn Scheidungsvater und Nanny zeitgleich zwei Termine im selben Lokal bestreiten – ein Heidenspaß!

Immer Ärger mit 40

Von Judd Apatow, 2012
Zu sehen auf Netflix

Pete (Paul Rudd) und Debbie (Leslie Mann) werden von Selbstzweifeln geplagt. Sein Plattenlabel schreibt miese Zahlen. Sie zergeht vor Neid über den formvollendeten Körper einer jüngeren Kollegin. Ihr gemeinsames Sexualleben ist darüber zum Erliegen gekommen. Ihre Ehe wird nur noch von der diebischen Freude am Leben erhalten, mit der sie die Facebook-Pinnwand ihrer Tochter ausspionieren oder sich auf Kurzurlauben ulkigen Kindereien und lustvollen Fressorgien hingeben. Für die Rückbesinnung auf das gemeinsame Glück muss Pete nur seine Coolness etwas drosseln und Debbie ihr Gute-Laune-Gehabe. Wie Judd Apatow Furzwitze, Konsumkapitalismus und Beziehungsarbeit zusammendenkt, ist schön und komisch zugleich.

Crisis in Six Scenes

Serie von Woody Allen, 2016
Zu sehen auf Amazon

Trotz der Proteste gegen Vietnamkrieg und Ungleichheit interessiert sich der pensionierte Werbetexter Sidney (Woody Allen) mehr für Baseball als für Politik. Seine Frau Kay, eine Paartherapeutin, ist politischer. Als eine polizeilich gesuchte Aktivistin (Miley Cyrus) bei ihnen einbricht, will er sie hinausschmeißen. Kay richtet ihr hingegen ein Bett. Jeden Folgetag bejammert er ihre Beherbergung, während Kay Gefallen an den Lektüretipps der Besucherin (Marx, Mao, Fanon) findet. Auch die Omas aus ihrem verschlafenen Buchclub sind begeistert. Nur Sidney bleibt skeptisch. Woody Allens erste Serie ist etwas hölzern inszeniert, aber mit politisierter Paardynamik versehen.

Die Wunderübung

Von Michael Kreihsl, 2018
Zu sehen auf Netflix

Die Beziehung von Joana (Aglaia Szyszkowitz) und Valentin (Devid Striesow) hat das brenzlige Stadium erreicht, in dem der eine in der U-Bahn sitzt und der andere steht – und beide sich anschweigen. Als die Eheleute nach ihrer Fahrt durch Wien beim Paartherapeuten Harald (Erwin Steinhauer) ankommen, tritt gleich ihr Hauptproblem zutage: Sie sprechen nicht mehr dieselbe Sprache. Er habe nichts zu sagen, sagt Valentin. Er könne nicht reden, ergänzt Joana. Sie schimpft ihn empfindungslos, er sie empfindlich. Harald probiert es mit Übungen: Sie schlüpfen in Puppen aus dem Kasperltheater, aber zanken sich mit verstellten Kinderstimmen weiter.

Draußen verhöhnt der Anblick glücklicher Liebespaare die Streithähne. Dann verkehrt sich die Dreiecksdynamik plötzlich. Das Paar solidarisiert sich gegen Haralds Idealisierung harmonischer Liebe. „Ohne Reibung kann auf Dauer keine Liebe entstehen“, meinen die Eheleute in der dialogscharfen Theaterstückverfilmung nach Daniel Glattauer. Als hätten sie das utopische Motto alter Screwball-Komödien wiederentdeckt, wo Gegensätzlichkeit nie Hindernis, sondern Ursprung und Triebkraft für romantische Anziehung war.

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