Religonsmissbrauch

Erzdiözese Wien warnt vor pseudokirchlicher Corona-Demonstration

Über soziale Medien verbreitete sich der Aufruf zu einer Pseudo-Prozession in Wien. Die Kirche warnt davor: „Katholiken sollten bei diesem Ettikettenschwindel“ nicht mitmachen. Indes wich die FPÖ auf Facebook aus.

Klein, friedlich und mit hervorgestrichenem Religionsbezug startete Sonntagvormittag in Wien das Kundgebungsgeschehen der Maßnahmen-Gegner - nachdem die Polizei Groß- und viele andere Demos untersagt hat. Unter weitgehender Einhaltung von Abstands- und Maskenregel fanden sich rund 40 Menschen im Volksgarten ein. Die Erzdiözese Wien hat im Vorfeld vor als "christliche Prozession" getarnten Demos gewarnt und solchen "Missbrauch von Religion und Religionsfreiheit" abgelehnt.

Die Volksgarten-Spaziergänger gruppierten sich denn auch locker um ein Plakat mit der Aufschrift "Österreich ist frei - Jesus ist König". Peter Steinbacher, der Gründer von "Hallelujah TV" - das sich in den Sozialen Netzen gegen Corona-Maßnahmen stark macht - lud nach kurzer Ansprache alle ein, am Mikro über Jesus zu reden und für das Land zu beten.

Demo bleibt Demo, auch trotz religiöser Staffage

"Eine Demo wird auch durch religiöse Staffage nicht zu einer Prozession, sondern bleibt eine Demo. Katholiken sollten bei diesem Etikettenschwindel nicht mitmachen", hatte der Sprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, Sonntagfrüh via Kathpress gewarnt - angesichts von Aufrufen im Internet für pseudoreligiöse Veranstaltungen im Umfeld von behördlich nicht genehmigten Demos.

Abgesehen von der friedlichen Versammlung im Volksgarten war die Lage in der Wiener Innenstadt gegen Mittag ruhig. Die "sehr gut aufgestellte" Polizei monitort die Lage - und werde proaktiv einschreiten, wenn Vorschriften missachtet werden, sagte Sprecher Christopher Verhnjak zur APA. Mittlerweile wieder auf freiem Fuß ist die Aktivistin aus der rechtsextremen Szene, die am Samstag wegen Verstoß gegen Masken- und Abstandspflicht festgenommen worden war.

Auch wenn 15 von 17 angemeldeten Versammlungen für dieses Wochenende abgesagt wurden, rechnete die Polizei im Vorfeld auf jeden Fall mit einem Menschenaufkommen, über das genaue zu erwartende Ausmaß äußerte sie sich aber nicht. Die FPÖ, deren Klubobmann Herbert Kickl bei einer abgesagten Großdemo am Nachmittag reden wollte, hatte die Absage auf Facebook empört kommentiert - woraufhin zahlreiche Menschen angekündigt haben, trotzdem in die Stadt zu einem "Spaziergang" zu kommen.

Abgesagt wurde der Großteil der von Maßnahmen-Gegnern organisierten Demos mit der Begründung, dass "Gesetzwidrigkeiten in großem Ausmaß" und Gefährdung der Gesundheit durch Verstoß gegen die Schutzmaßnahmen zu erwarten seien. In den vergangenen Monaten kam es am Wochenende in Wien und anderen Städten immer wieder zu Anti-Corona-Demonstrationen, bei denen sämtliche Corona-Vorschriften missachtet wurden und zahlreiche Proponenten der rechtsextremen Szene aufmarschierten.

Kickl: „Frontalangriff auf Grund- und Freiheitsrechte“ 

Die FPÖ ist mit ihrer "verbotenen Kundgebung" gegen die Corona-Maßnahmen ins Internet ausgewichen. Klubobmann Herbert Kickl inszenierte sich dabei gemeinsam mit den Veranstaltern der bereits zuvor untersagten Demonstration als Opfer eines "Frontalangriffs" auf die Grund- und Freiheitsrechte. Die Regierung versuche, ihre Kritiker mundtot zu machen, die Untersagungen der Demonstrationen sei eine "völlig neue Art der Zensur", beklagte sich Kickl.

"Für die Freiheit" lautete der Titel des Livestreams aus den Klubräumlichkeiten der FPÖ. Kickl empfing dabei jene Organisatoren der Demonstrationen, welche die Polizei am Freitag aus Sicherheitsgründen untersagt hatte. Ohne Mund- und Nasenschutz, allerdings mit ein wenig Sicherheitsabstand, sprachen dabei etwa jene Frau, die als "Wutwirtin" in die Schlagzeilen geraten war, sowie Edith Brötzner, die sich mit ihrer Linzer Werbeagentur als Sprachrohr für Unternehmer und Unternehmerinnen sieht.

"Wer schweigt stimmt zu", sparte Kickl nicht mit geschichtsträchtigen Zitaten. Zustimmung sei aber das allerletzte, angesichts der anhaltenden Regierungsmaßnahmen gegen die Coronapandemie. Es geschehe derzeit eine völlig neue Art der Zensur samt "Gleichschaltung der Medien", wo Gegner der Coronaregeln würden verächtlich gemacht, ebenso Wissenschafter, die eine "andere Meinung" vertreten würden. Der FPÖ-Klubchef zeigte sich zuversichtlich, dass dies wie ein Bumerang auf die Regierung zurückfallen werde. Es entstehe derzeit eine "Jetzt-erst-recht-Bewegung".

(APA)

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Die Frau hielt sich laut Polizei weder an Abstands- noch Maskenregeln und änderte ihr Verhalten auch nicht, nachdem sie von den Beamten dazu aufgefordert wurde. Insgesamt gab es über 200 Anzeigen.

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